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Stärkung der radikalen Kräfte

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Cato, Palmer, Exklusiv

Triumph für die Ränder, Erosion der Mitte – auf diese einfache Formel läßt sich das Ergebnis der am vorigen Mittwoch abgehaltenen Wahlen zum Stormont, dem nordirischen Regionalparlament, zusammenfassen. Die probritische Democratic Unionist Party (DUP) des 80jährigen Pfarrers Ian Paisley, Oberhaupt der Freien Presbyterianischen Kirche, steigerte sich deutlich auf 30,1 Prozent und wurde somit wieder stärkste politische Kraft Nordirlands (JF 50/03). Auch die irisch-republikanische Sinn Féin konnte ihr Ergebnis im Vergleich zu 2003 verbessern. Die Partei, die im EU-Parlament zur Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken gehört, stellt mit 26,2 Prozent wieder die zweitgrößte Fraktion. Die gemäßigten Kräfte, die probritische Ulster Unionist Party (UUP) und die irisch-katholische Social Democratic and Labour Party (SDLP/PSDLO), mußten massive Verlust hinnehmen: Sie kamen nur noch auf 14,9 bzw. 15,2 Prozent. Den Wahlen vorausgegangen war eine mehrjährige Phase, in der sich der Friedensprozeß in der nordirischen Unruheprovinz am Rande des Kollapses bewegte. Sie begann im Oktober 2002 mit der „Enthüllung“, die Sinn Féin betreibe im Stormont einen umfangreichen Spionagering für die paramilitärische Irisch-Republikanische Armee (IRA). Der britische Premier Tony Blair suspendierte daraufhin die Autonomieregierung und das Regionalparlament und setzte die Direktherrschaft aus London wieder ein. Doch zwei Jahre später stellte sich heraus, daß ausgerechnet der Kopf des „Spionagerings“, der hochrangige Sinn-Féin-Funktionär Denis Donaldson, seit über 20 Jahren Agent des britischen Geheimdienstes war. „Stormontgate“ fiel damit in sich zusammen, und seither steht der unangenehme Verdacht im Raum, die Krise im nordirischen Friedensprozeß sei vom britischen Geheimdienst herbeimanipuliert worden. Mehrheit für den reformierten nordirischen Polizeidienst Seitdem versuchen die britische und irische Regierung, den Friedensprozeß zu neuem Leben zu erwecken (JF 20/06). Im Fokus der Bemühungen stehen der für seinen radikalen Anti-Katholizismus bekannte Ian Paisley und seine DUP. Eine Beteiligung der Sinn Féin an einer von ihm geführten Allparteienregierung kam für Paisley nur in Frage, wenn diese vorbehaltlos die formelle Unterstützung der nordirischen Sicherheitskräfte erklären würde. Das Stöckchen, das Paisley der Sinn Féin zum Drüberspringen hinhielt, war für deren Basis und Anhängerschaft eine herbe Zumutung. Die staatlichen Sicherheitsorgane, allen voran die Polizei, wurden von der katholischen Bevölkerung stets als Bestandteile eines Unterdrückungssystems wahrgenommen. Dementsprechend ist das Mißtrauen enorm. Daß es auch begründet ist, belegt die in den vergangenen Jahren aufgedeckte „Collusion“, die Verstrickungen staatlicher Stellen mit protestantischen Todesschwadronen. Nuala O’Loan, Ombudsfrau der nordirischen Polizei, legte erst Anfang des Jahres einen Bericht vor, wonach es in den 1990er Jahren geheime Verbindungen zwischen der nordirischen Polizei und protestantischen Paramilitärs gab, denen eine Vielzahl von Morden zur Last gelegt werden. Diese fragwürdige Praxis harrt bis heute einer vollständigen Aufklärung. Dennoch hat die Sinn Féin Ende Januar auf einem Sonderparteitag mit überwältigender Mehrheit den reformierten nordirischen Polizeidienst anerkannt und ihm ihre Unterstützung ausgesprochen. Diesen als historisch eingestuften Schritt mochten jedoch nicht alle mitgehen. Wenige Tage vor der Wahl unterzeichneten bis zu 400 frühere IRA-Häftlinge einen offenen Brief, worin sie der Sinn Féin-Führung die totale Kapitulation vorwarfen und republikanische Wähler dazu aufriefen, gegen Sinn Féin zu stimmen. Auf protestantischer Seite wiederum ist kaum vorstellbar, daß Paisley als Regierungschef mit dem von der Sinn Féin nominierten Martin McGuinness ein früheres Führungsmitglied der IRA an die Seite gestellt bekommt. Auch bereitet dort die für Ende 2007 geplante Übertragung der Verantwortung über die Sicherheitskräfte an die Autonomieregierung Unbehagen, weil damit ausgerechnet der IRA und ihren Unterstützern Kontrolle und Einfluß in einem für die Protestanten sensiblen Bereich eingeräumt würde. Ebenso werden Zweifel an der Aufrichtigkeit des Bekenntnisses zur Polizei geäußert, da die Sinn-Féin-Abgeordnete Michelle Gildernew offen sagte, sie werde es der Polizei nicht melden, wenn sie paramilitärische Aktivitäten republikanischer Dissidenten beobachten würde. Der britische Nordirlandminister Peter Hain deutete das Wahlergebnis als Auftrag der Wählerschaft an die beiden größten Parteien, durch den Eintritt in eine Allparteienregierung den Friedensprozeß fortzusetzen. Eine Zurückweisung dieser Botschaft wäre eine „gewaltige Tragödie“. Paisley hat sich bislang in seiner typisch kryptischen Art nicht eindeutig geäußert, wie er nun reagieren will. Doch deutet eine Reihe von Anzeichen darauf hin, daß er letztlich doch einlenken wird. Kein protestantischer Staat für ein protestantisches Volk Die britische und irische Regierung haben bereits deutlich gemacht, daß für sie das Ende der Fahnenstange erreicht sei. Sollten sich die Parteien nicht bis zum 26. März auf die Bedingungen geeinigt haben, unter denen die Autonomieregierung wiederhergestellt werden könne, wird das neugewählte Parlament definitiv aufgelöst und Nordirland weiterhin von London aus direkt regiert, allerdings mit einer erweiterten Rolle für Dublin. Doch unabhängig davon, wie und von wem die britische Provinz künftig regiert wird, sind die Zeiten Nordirlands als „protestantischer Staat für ein protestantisches Volk“, als der es 1921 mit der Teilung Irlands gegründet wurde, endgültig vorbei. Nicht nur die Zuwanderung, auch der demographische Wandel zugunsten der katholischen Noch-Minderheit schaffen harte Fakten, die diesen Anspruch kaum mehr aufrechterhalten lassen. Fotos: Belfaster Wandgemälde mit irscher-republikanischer Propaganda: Begründetes Mißtrauen; Belfaster Wandgemälde mit pro-britscher Propaganda: Demographischer Wandel zugunsten der katholischen Noch-Minderheit im Gange

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