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Kämpfen und kämpfen lassen

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Nun ist es offiziell: Die Bundesregierung wird den – mittlerweile mit 24 Millionen Euro im Jahr finanzierten – Kampf gegen Rechts fortsetzen (JF 48/06). Nutznießer sind dabei unter anderem die „Mobilen Beratungsteams“, deren finanzielle Sicherung von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zwischenzeitlich in Frage gestellt worden war. Anlaß genug, der Frage nachzugehen, was ein „Mobiles Beratungsteam“ eigentlich macht. Es fällt auf, daß ein „mobiles Beratungsteam“ nicht „kämpft“. Zumindest nicht in dem Sinne, wie man es von einem Sozialarbeiter kennt. Dieser kann etwa darum kämpfen, daß ein auffällig gewordener Jugendlicher aus einem ihn gefährdenden Milieu herauskommt. Dies kann ein zerrüttetes Elternhaus sein, die Freundschaft mit Mitgliedern des organisierten Verbrechens, die Drogenszene und so weiter. Oder aber auch der vereinnahmende Sog einer gewaltbereiten Gruppe von Rechtsextremen. In der Tat gingen in den neunziger Jahren entsprechende Ansätze der „akzeptierenden Jugendarbeit“ in diese Richtung, den bisher nur mitlaufenden Jugendlichen aufzuzeigen, daß es alternative Lebensentwürfe neben dem organisierten Haß gibt. Dieser Ansatz wurde inzwischen fallengelassen. In einer Broschüre der „Mobilen Beratung in Thüringen“ („Mobit“) heißt es dazu: „Nicht länger sollten die Täter im Mittelpunkt der Arbeit stehen, sondern vielmehr diejenigen in ihrer Arbeit gestärkt werden, die sich gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Toleranz engagieren.“ Ein „Mobiles Beratungsteam“ kämpft also nicht, sondern läßt kämpfen. „Dienstleister für die Zivilgesellschaft“ In dieser Funktion will eine Organisation wie Mobit verstanden werden, welche seit 2002 mit rund 300.000 Euro jährlich finanziert wird: „Mobit versteht sich als Dienstleister für die demokratische Zivilgesellschaft.“ Als solcher besitzt es auch keine Eigeninitiative: „Mobit wird vornehmlich auf Nachfrage aktiv.“ Deutlich wird dies an dem Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, dessen Organisation Mobit für Thüringen übernommen hat. In diesem Projekt setzen sich Schüler „aktiv gegen jede Form von Diskriminierung“ ein. Das Problem dabei: Eine Schule kann sich nur auf Eigeninitiative für dieses Projekt bewerben und auch nur, wenn 70 Prozent aller direkten Schulangehörigen ihre Bereitschaft durch eine Unterschrift erklären. Wenn allerdings eine Schule auf Eigeninitiative tätig wird und sich 70 Prozent der direkten Schulangehörigen mit diesem Projekt einverstanden erklären, dann hat diese Schule offensichtlich weder ein gravierendes Problem mit fehlender Sozialkompetenz noch eins mit Rassismus. Also dürfte eine Projektbetreuung eigentlich nicht erforderlich sein. Gesetzt also den Fall, ein zivilgesellschaftlicher Akteur fordert Hilfe im Kampf gegen Rechtsextremismus an – wie sieht diese aus? Zunächst einmal empfehlen die „Mobilen Beratungsteams“ die eigene Strategie, nämlich das Ignorieren, Ausgrenzen und Stigmatisieren von Rechtsextremen. So beschäftigt sich die Broschüre „Wir haben die Wahl. Empfehlung zum Umgang mit rechtsextremen Organisationen im Wahlkampf“ hauptsächlich mit den Mitteln, unbequeme Menschen von den eigenen politischen Veranstaltungen fernzuhalten. Dies bedeutet aber nicht, daß der Rechtsextremismus als solcher ausgeblendet wird. Ganz im Gegenteil wird etwa auf der Internetseite von Mobit akribisch jede rechtsextreme Aktivität aufgelistet. Eine Auseinandersetzung ist dies freilich nicht – die wird prinzipiell anderen überlassen. Zum Beispiel denen, die nicht ignorieren, ausgrenzen und stigmatisieren können, weil es die eigenen Kinder sind – den Eltern. Für diese hält Mobit immerhin einen Ratgeber bereit. Neben einer gleichfalls akribischen Beschreibung der rechtsextremen Subkultur will Mobit den Eltern hier „Argumentationshilfen“ geben. Diese sind für einen selbsternannten Dienstleister der Zivilgesellschaft recht schmalbrüstig. Neben banalen Allgemeinplätzen findet sich unreflektierter, historischer Unsinn: „Die Menschen, die heute als ‚die Deutschen‘ auf deutschem Staatsgebiet leben, haben mit den Germanen der Frühgeschichte nichts zu tun.“ Auch sonst hapert es etwas mit der argumentativen Kompetenz. So erfährt der erstaunte Leser, daß der Satz „Wir Deutschen müssen den Gürtel enger schnallen“ im Kern bereits nationalistisch sei. Ansonsten fällt der zivilgesellschaftliche „Dienstleister“ Mobit durch ein sehr eigenes Demokratieverständnis auf. Ein Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT wurde „prinzipiell“ abgelehnt. Auf Transparenz wird auch kein großer Wert gelegt. Bis heute, nach über fünfjähriger Laufzeit des Projekts, konnte beim Bundesfamilienministerium kein Evaluierungsbericht in Erfahrung gebracht werden. Was bedauerlich ist, da Mobit so vielleicht den Verdacht eines sinnentleerten Aktionismus ansonsten arbeitsloser Sozialwissenschaftler ausräumen könnte. Infantiler Totstellreflex Die Angelegenheit wäre nicht von Bedeutung, wenn sie nicht einen tragischen Kern besäße. Es wächst derzeit eine Vielzahl von Jugendlichen heran, die keine Beziehung zum demokratisch verfaßten Gemeinwesen aufbauen möchte: Jugendliche, die nur den verführerischen Glanz von Gruppen sehen, die nicht durch demokratische Werte, sondern nur durch ihre schiere Präsenz und Bereitschaft zur Brutalität Macht und soziale Kontrolle ausüben. Das ist ein Problem, das den Rechtsextremisten in Thüringen genauso wie den türkischstämmigen Islamisten in Berlin-Neukölln betrifft. Und dieses Problem wird man erst lösen können, wenn eine Vorstellung vom höheren Sinn des Gemeinwesens gebildet wird. Ein infantiler Totstellreflex, sobald von einer Idee der deutschen Nation geredet wird, erscheint da alles andere als hilfreich.

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