Die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik lud vergangene Woche ihren konservativen dänischen Amtskollegen Per Stig Møller und verschiedene islamische Würdenträger wie die Großmuftis von Syrien und Bosnien-Herzegowina zu informellen Gesprächen ein. Deren Ziel sei es gewesen, gemeinsam nach Wegen zu suchen, um die Spannungen wegen der Mohammed-Karikaturen abzubauen und dem Dialog zwischen Europa und der islamischen Welt neue Impulse zu verleihen. Wenig überraschend waren bei diesem Treffen vor allem schöne Worte über die „gegenseitige Toleranz“ zu hören. Die ÖVP-Politikerin verpaßte insbesondere die Gelegenheit, der islamischen Seite endlich klarzumachen, daß sie Vorleistungen zu erbringen hat, wenn die zweifellos bestehenden Spannungen abgebaut werden sollen. Beispielsweise hätte sie unmißverständlich erklären müssen, daß in Europa kein Platz für islamistische Haßprediger ist. Oder daß es eine unabdingbare Voraussetzung für die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Europa und dem Islam ist, daß die hier lebenden Moslems die europäischen Werte und die Leitkultur des jeweiligen Gastlandes vorbehaltlos anerkennen. Das halbherzige Vorgehen der amtierenden EU-Ratsvorsitzenden zeigt auch die fehlende Bereitschaft des politischen Establishments der EU und ihrer Mitgliedstaaten, sich zu den christlichen-abendländischen Werten Europas zu bekennen und diese auch gegen Angriffe von außen zu verteidigen. Statt dessen sind politisch korrekte Wortspenden zu vernehmen, wie etwa vom österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer, der bei seiner Rede vor dem EU-Parlament meint, daß man trotz Meinungs- und Pressefreiheit die Tabus von Religionen, in diesem Fall des Islam, respektieren müsse. Zu blasphemischen Schmähungen des Christentums vernahm man freilich keinerlei Kritik aus dem Munde des sozialdemokratischen Agnostikers Fischer, der nun im moralinsauren Ton der political correctness für den „Dialog zwischen den Kulturen und Religionen“ plädiert. Recep Tayyip Erdogan, der im Karikaturenstreit als Vermittler auftreten will, hat in einem Brief an seine EU-Amtskollegen endgültig seine moderat-islamische Maske fallengelassen. Man könne von Moslems nicht erwarten tolerieren, daß sie sogenannte Kritik, die offenkundig die Grenze zu berechtigter Kritik überschreitet und in Wirklichkeit eine Herabwürdigung des Propheten Mohammed sei. Darüber hinaus werden, so der türkische Premier, wegen des Karikaturenstreits die „Geduld der islamischen Welt“ und ihr „Freiheitskonzept“ auf die Probe gestellt, was eine nicht zu rechtfertigende „kulturelle Arroganz“ gegenüber einer anderen Kultur oder Zivilisation sei. Die islamische Welt, die ihre religiösen Minderheiten oftmals gnadenlos diskriminiert, scheint plötzlich ihre Liebe zu den sonst verhaßten westlichen Werten wie Religionsfreiheit oder Toleranz entdeckt zu haben. Außerdem ist aus den verschiedenen islamischen Ländern und europäischen Moslem-Vereinigungen der Ruf nach einer Entschuldigung der Europäer zu vernehmen. Dabei hätten gerade die islamischen Länder allen Grund, sich für die massenhaft im Umlauf befindlichen antichristlichen und antijüdischen Karikaturen zu entschuldigen. Andreas Mölzer ist Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung „Zur Zeit“ und seit 2004 FPÖ-Europaabgeordneter.