Ausgerechnet hier in Köpenick!“ klagt Jürgen Radebold, SPD-Vertreter für Köpenick im Berliner Abgeordnetenhaus. Ausgerechnet in dem ehemaligen Arbeiterbezirk, so der Grund seiner Unruhe, hatte die NPD im Jahr 2000 beim Umzug von Stuttgart nach Berlin ihre Parteizentrale hinverlegt. „Ausgerechnet hier“ aber, so NPD-Bundesgeschäftsführer Frank Schwerdt, sei die Partei als „traditionell sozial engagierte“ politische Formation „vor allem für die kleinen Leute“ völlig richtig am Platz. Und so schwelt seit 2000 der Streit: Flugs gründete man ein „Bündnis für Toleranz und Demokratie“, ein lokaler Zusammenschluß der etablierten Parteien, Kirchengemeinden, ja sogar der Sport- und des Kleingärtnervereins bis hin zum vom Verfassungsschutz beobachteten linken Bund der Antifaschisten (BdA). Doch weder die Demonstrationen des Bündnisses noch die Attacken Unbekannter – die bis zum Brandanschlag (auf ein Auto) reichen – führten zum Erfolg. Nun geht der Dauerstreit, rapportiert von der linken taz bis zu Springers zeitgeistkonformer Morgenpost, in eine neue Runde: Als Antwort auf die Einrichtung eines „Nationaldemokratischen Bildungszentrums“ (NBZ) durch die NPD hat die Bezirksverordnetenversammlung die Gründung eines „Zentrums für Demokratie“ (ZfD) beschlossen. Denn in einem separaten Gebäude im Hinterhof der nationaldemokratischen Parteizentrale werkeln Aktivisten und Sympathisanten der sich offen völkisch bekennenden Partei in ihrer Freizeit an der Herrichtung eines Schulungsraums für 60 und Übernachtungsmöglichkeiten für etwa 25 Besucher sowie an der Einrichtung einer „nationalen Zentralbibliothek der NPD“ – finanziert zur Hälfte mit bislang 90.000 gesammelten Spenden-Euro. Und so beschloß man, Zentrum mit Zentrum zu vergelten, denn das Zentrum für Demokratie verstehe sich, so die Bezirks-Ausländerbeauftragte Violetta Damjanowa gegenüber der JUNGEN FREIHEIT, als ein „Gegengewicht“ in „unmittelbarer Nähe“ zum NBZ. Das ZfD soll vor allem als „Netzwerkstelle“, so Bürgermeister Ulbricht gegenüber der JF, für Aktivitäten zur „Stärkung der Demokratie“ dienen, aber auch eigene Veranstaltungen wie Ausstellungen, Workshops und Seminare „für Multiplikatoren“ anbieten. Doch schon kündigt auch die Antifa eine neue Offensive an: Bei einer erneuten Demonstration am 6. Juni gegen „die NPD-Zentrale und den Abschiebeknast Berlin-Köpenick“ soll – wie vielsagend im Netz gedroht wird – der „NPD eine Lektion erteilt werden“. Dennoch geben sich die Bedrohten entspannt, man werde sich nicht beeindrucken lassen, heißt es offiziell. Dabei steht die mit Stahltüren und Besucherschleuse gesicherte Parteizentrale schon seit längerem unter Polizeischutz. Doch nicht nur über den Polizeischutz ärgert man sich bei der Antifa, so beklagte etwa die extrem linke Wochenzeitung Jungle World, daß der Widerstand gegen das NBZ „im östlichen Stadtteil Köpenick fast ohne Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager auskommen muß“. Nach Angaben des „antifaschistischen“ Beobachtungsorgans Blick nach Rechts wohnt zudem „schon jetzt etwa zehn Prozent des bekannten rechtsextremistischen Personenpotentials Berlins in Bezirk Treptow-Köpenick“. Somit könne sich, so die Befürchtung, die Abkürzung NBZ bald auch als Chiffre für „National befreite Zone“ entpuppen. Und auch beim „Bündnis für Toleranz und Demokratie“ wächst das Unbehagen. Das Bündnis will nämlich auch ein Argumentationstraining gegen rechtsextreme Ideologien anbieten. Doch die NPD kündigte nun ihrerseits an, „Demokratie und Toleranz-Bewußtsein“ des Bündnisses „auf die Probe zu stellen“ und künftig mit Teilnehmern der NBZ-Lehrgänge die Veranstaltungen des benachbarten Zentrums für Demokratie zu besuchen, um das eigene, „Visionen für ein besseres Deutschland“ genannte NPD-Argumentationstraining im politischen Ernstfall einzuüben.