Österreich bekommt den Bundespräsidenten, den es verdient, das steht außer Frage. Nicht nur deshalb, weil sich letzten Sonntag 52,41 Prozent der Bürger (Wahlbeteiligung mit 70,76 Prozent auf historischem Tiefpunkt) für Heinz Fischer entschieden haben, sondern auch, weil die beiden einzigen Kandidaten insgesamt recht optimal dem Charakter des Amtes und dem der rot-weiß-roten Staatsraison entsprechen. Insbesondere SPÖ-Kandidat Heinz Fischer, aber auch die ÖVP-Kandidatin Benita Ferrero-Waldner, sind Archetypen des politischen Establishments der Zweiten Republik: Parteisoldaten des rot-schwarzen Proporz-Betriebs, politisch korrekt vom Scheitel bis zur Sohle und völlig angepaßt. Nun dürfen wir die amtierende Außenministerin dank ihrer Niederlage bei dieser Betrachtung bei Seite lassen. Wir müssen daher auch nicht ihre im Wahlkampf vielgerühmte Erfahrung in der Wirtschaft und ihre vorgebliche Märtyrerrolle während der EU-Sanktionen im Jahre 2000 hinterfragen. Wir dürfen uns auf den Oppositionskandidaten Fischer beschränken. 1938 geboren in Graz, im Zeichen des Anschlusses – bekanntlich eine kinderreiche Zeit -, Präsenzdienst und Studium in Wien und dann eine politische Karriere, vom Sekretär des SPÖ-Parlamentsklubs bis zum Nationalratspräsidenten. Bezeichnenderweise steht in seinem Lebenslauf kein Wort über den bürgerlichen Beruf des Heinz Fischer, und das mit Recht, da er einen solchen, neben seiner Tätigkeit als Parteisoldat nicht ausgeübt hat. Formal ist er allerdings Parlamentsbeamter und hat dafür auch jahrelang satte Gehälter bezogen. Derlei Privilegien sind in Österreich durchaus normal, und niemand wird sich wirklich daran stoßen. Daß Fischer in seiner SPÖ-Karriere sich schon immer als Beschwichtigungshofrat gerierte, obwohl er aus dem ganz linken Bereich kommt, mag für das Amt des Bundespräsidenten sogar eine Empfehlung gewesen sein. Nicht umsonst titelte man ja auch „Mediator in der Hofburg“. Zwar ist Fischer so etwas wie der Nachlaßverwalter des Austro-Marxismus, der die extrem linken Traditionen eines Otto Bauer und eines Friedrich Adler weiterträgt, jedoch ohne die schönen Seiten dieses Austro-Marxismus: ohne die humanitär-soziale Ader und ohne den deutsch-nationalen Anspruch. Heinz Fischer ist aber auch ein Abbild des österreichischen Konservativismus – korrekt bis zur Spießigkeit, ruhig, abwägend und jeden Streit vermeidend bis zur Heuchelei. Genau das also, was der Homo Austriacus von seiner Obrigkeit erwartet. Getrost dürfen wir uns sagen: Der Bundespräsident kann ohnedies nicht viel anstellen. Der 65jährige Fischer hat sich nicht erst im Wahlkampf als konsequenter Gegner, ja als Feind des national-freiheitlichen Lagers geoutet, er hat mit seiner politisch korrekten Distanzierung von uralten Haider-Sprüchen bei der Linken gepunktet. Er wird derlei Pflicht-Antifaschismus auch in der Hofburg gewiß immer wieder demonstrieren. Was aber hat es genützt, daß Thomas Klestil etwa vor seiner Wahl in Richtung Freiheitliche freundliche Nasenlöcher machte – nichts. Er war dann ebenso konsequent gegen das „Dritte Lager“. Genauso darf man annehmen, daß es wenig genützt hätte, wenn Ferrero in die Hofburg gekommen wäre. Ihre Freundlichkeit gegenüber der FPÖ hätte sich nach der Wahl wahrscheinlich unter dem Druck der Medien und des Zeitgeistes genauso verflüchtigt. Bei Heinz Fischer wissen wir wenigstens, woran wir sind. Österreich hat mit ihm bekommen, was es verdient, und wir wissen, was wir von ihm zu halten haben. Andreas Mölzer ist Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung „Zur Zeit“. Foto: Heinz Fischer: Ein altgedienter roter Parteisoldat