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Verwirrung an der Alster

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Der Wahlkampf um die am 29. Februar neu zu besetzende Hamburger Bürgerschaft hat gerade erst begonnen, doch aus den derzeitigen Umfragen geht die CDU schon als große Siegerin hervor. Nach einer Befragung des Psephos-Instituts erlangt die Union Zustimmungswerte in Höhe von 47 Prozent und erzielt somit ein besseres Ergebnis als SPD (30 Prozent) und Grün-Alternative (11 Prozent) zusammen. Nach derzeitigem Stand wäre ein solcher Abstand gegenüber Rot-Grün auch nötig, wenn Ole von Beust weiterhin Erster Bürgermeister bleiben soll. Denn von seinen ehemaligen Koalitionspartnern kann in den aktuellen Befragungen noch keiner die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. FDP und die Partei Rechtsstaatlicher Offensive des Zweiten Bürgermeisters Mario Mettbach kommen demnach nur auf jeweils zwei Prozent. Weitaus mehr Chancen, wieder in die neue Bürgerschaft einzuziehen, hat dagegen der aus seiner früheren Partei und Fraktion verstoßene ehemalige Innensenator Ronald Schill, der auf einer Liste mit Bolko Hoffmanns Pro Deutsche Mitte antritt. Pro DM/Schill erzielt derzeit vier Prozent. Und obwohl Schill in nahezu der gesamten veröffentlichten Meinung als der Hauptschuldige am Zusammenbruch des Bürgerblock-Senats dargestellt wird, meinten in besagter Umfrage noch elf Prozent, er solle auch weiterhin eine wichtige Rolle in der Politik der Hansestadt spielen. Schill ließ die Verwendung seines Names verbieten Während Schill also gestützt auf die Finanzstärke des Börsenunternehmers Hoffmann mit dem Bekanntheitsgrad seiner polarisierenden Person wuchern kann, beginnt für die Mettbach-Partei der Kampf ums politische Überleben. Der scheint sich zunächst im Bereich der Namensfindung abzuspielen. Es könnte nämlich passieren, daß auf dem Wahlzettel am 29. Februar zwei Listen mit der Kurzform „Schill“ antreten – wobei nur eine den Anspruch erheben kann, daß auch Schill drin ist, wo „Schill“ draufsteht; während die andere betonen müßte, daß zwar „Schill“ draufsteht, Schill aber auf keinen Fall (mehr) drin ist. Ursache der Verwirrung um das Kürzel ist die Tatsache, daß offiziell in der Satzung der Partei Rechtsstaatlicher Offensive steht, sie verwende als Kurzbezeichnung „Schill“. Obwohl Ronald Schill nun die weitere Verwendung seines Namens durch seine ehemalige Partei untersagen ließ, kann die Satzung (und damit die Kurzbezeichnung) der Partei Rechtsstaatlicher Offensive nur durch einen Parteitag geändert werden. Der findet aber erst nach den Wahlen statt. Da sich der Landeswahlleiter bei der Bezeichnung der Listen an deren offiziell gültige Kurzbezeichnung halten muß, werden wohl auch Mettbachs Kandidaten unter dem Namen des cum infamia Verstoßenen antreten müssen. Mettbach hatte sich noch im September an Hoffmann mit der Bitte gewandt, in Verhandlungen über eine Freigabe der Kurzbezeichnung PRO für seine Partei einzutreten. Die Verwendung der Abkürzung PRO ist der damaligen Schill-Partei im Januar 2001 per Gerichtsbeschluß nach einer Klage Hoffmanns untersagt worden. Nachdem sich Hoffmann jetzt erneut geweigert hat, mit Mettbach zu verhandeln, kündigte dieser vergangene Woche an, die Partei Rechtsstaatlicher Offensive wolle sich künftig PARO abkürzen, zwei Tage später kursierte jedoch schon ein neues Kürzel, nämlich „Offensive“. Im Internet ist jedoch die Eingabe „Schill-Partei“ immer noch mit der Partei Rechtsstaatlicher Offensive verknüpft, wobei sich die einzigen Einträge dort mit dem Rauswurf Schills befassen. Hoffmann und Schill werfen ihrerseits nun Mettbach eine bewußte Irreführung vor, da er sich unter Verwendung des bekannten Namens von Parteigründer Schill „Wählerstimmen ergaunern“ wolle. Ole von Beust präsentiert sich als Opfer von Intrigen Für Ole von Beust scheint sich also der Schritt, die Koalition zu kündigen und das Risiko von Neuwahlen einzugehen, bezahlt zu machen. 59 Prozent der Wahlberechtigten würden laut Umfrage ihm im Falle einer Direktwahl des Bürgermeisters den Vorzug geben, und auch unter den gegebenen Voraussetzungen scheint eine absolute Mehrheit für die CDU nicht mehr undenkbar. Mit Schills Rauswurf konnte Beust sich nach außen einerseits als Opfer unappetitlicher Intrigen, andererseits als durchsetzungsstarker, seriöser Politiker glänzend darstellen und so hohe Sympathiewerte für sich verbuchen. Zudem hilft ihm der Ansehensverlust des im Bund regierenden rot-grünen Bündnisses, der sich auch in den Umfragewerten in der Hansestadt niederschlägt. Darüber hinaus gibt sein Konkurrent als Spitzenkandidat, der SPD-Mann Thomas Mirow, eine eher blasse Figur ab. Diese für Beust günstige Konstellation bestärkt wiederum jene Gerüchte des vergangenen Herbstes, der Erste Bürgermeister habe nur noch auf eine sich ihm bietende Gelegenheit gewartet, seinen Senat platzen und die Bürgerschaft auflösen zu lassen. Bereits am 26. November des letzten Jahres war diese These vertreten worden – damals von empörten Mitgliedern der liberalen Bürgerschaftsfraktion. Am 16. November hatte der bis dato amtierende Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) seinen Rücktritt erklärt, nachdem seine Behörde wegen der Vergabe von Kindertagesstätten-Plätzen massiv kritisiert worden war. Lange hatte sich zuvor schon bei verschiedenen Berufsgruppen seines Ressorts unbeliebt gemacht, so unter anderem wegen eines neuen Lehrerarbeitszeitmodells. Beim Streit um die „Kitas“ hatte er vor allem mit Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) eine harte Gegnerin in der eigenen Koalition. Die Signale, die der ehemalige Admiral Lange dabei von seinem Regierungschef hörte, deutete er offensichtlich richtig und wich zurück. Damit war nach Schills Demission innerhalb von wenigen Monaten (und nach noch nicht einmal der Hälfte der Legislaturperiode) der zweite Spitzenmann einer Koalitionspartei geschaßt. Als dann am 26. November die Wahl von Langes Nachfolger Reinhard Soltau (FDP) anstand, erhielt dieser vier Gegenstimmen aus den Reihen der Koalition. Bei zwei Gegenstimen mehr wäre seine Wahl gescheitert. Da Schill urlaubsbedingt abwesend war, schied er als potentieller Quertreiber aus. Mitglieder der FDP-Fraktion machten umgehend ihrem Verdacht Luft, die Gegenstimmen seien aus der CDU gekommen, um von Beust die Möglichkeit der Koalitionsauflösung zu geben. Und obwohl CDU-Fraktionschef Michael Freytag dies ins Reich der Legende verwies, sprachen Indizien dafür. So hatte man peinlicherweise von seiten der Union keinen Blumenstrauß für den Gewählten rechtzeitig parat und war auch mit einer auf den positiven Wahlausgang bezugnehmenden Stellungnahme nicht umgehend zu Stelle. Als Schill Anfang Dezember seine oppositionelle Haltung gegen die anstehende Wahl eines Staatsrates mit SPD-Parteibuch und seine Kritik am neuen Haushalt öffentlich machte, war – dem erwähnten Szenario zufolge – die nächste Gelegenheit für Ole von Beust gekommen …

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