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„Ich bin doch nicht verrückt“

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„Ich bin doch nicht verrückt“

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Wie weit Deutschland und Österreich trotz gemeinsamer Geschichte und Mentalität auseinanderklaffen, zeigte sich letztes Wochenende im Lande Salzburg, wo die sonst langweiligen Landtagswahlen ein Erdbeben mit noch nicht absehbaren Folgen für die politischen Strukturen der Alpenrepublik auslösten. Nach 59jähriger Herrschaft über das „schwarze“ Bundesland verlor die ÖVP erstmals die Mehrheit und damit auch den Landeshauptmann. Auslöser dieser Verschiebung war die 40jährige Gabi Burgstaller, der es gelang, den 54jährigen ÖVP-„Platzhirsch“ Franz Schausberger vom Sockel zu stoßen. Während die SPD in Deutschland ein historisches Tief erleben muß, fuhren die SPÖ-Genossen in Salzburg, wo sich die Atmosphäre kaum vom benachbarten CSU-regierten Bayern unterscheidet, ihren größten Wahlsieg ein: 13,1 Prozent gewann „Gabi“ ( www.gabi.at ) für ihre SPÖ hinzu, die nun mit 45,4 Prozent stärkste Kraft im Lande ist. Zwar verlor die ÖVP nicht mal ein Prozent – aber da einerseits ein großer Teil der bisherigen FPÖ-Wähler zu ÖVP und SPÖ zurückkehrte und viele ÖVP-Wähler zur SPÖ wechselten – genügte das, um die „Schwarzen“ aus dem Feld zu schlagen. Selbst ein „Assistenzeinsatz“ des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, der den Salzburgern die abschreckenden deutschen Zustände samt rot-grünem Chaos vorhalten sollte, blieb wirkungslos. Nicht nur in der Großstadt Salzburg, sondern auch in ländlichen Gemeinden fielen die traditionellen Volkspartei-Bastionen reihenweise in die Hände der „Roten“. In erster Linie war das der charismatischen Spitzenkandidatin zuzuschreiben, die zwar programmatisch nicht viel bot – was sie aber sagte, war durchdacht und genau auf die an sich eher konservativen Salzburger Wähler zugeschnitten. Die fesche Dame im knallroten Kostüm – fast eine Art Markenzeichen – wußte ihre Wähler zu nehmen. Sie vermied jede radikale Festlegung. Als sie vor dem Wahltag gefragt wurde, ob sie nicht den Grünen koalieren wolle, konterte sie: „Ich bin doch nicht verrückt“. Zwar entschuldigte sie sich bei den aufgebrachten Grünen – aber das Wort war nun einmal draußen. Die Salzburger wollten eine Regierung auf breiter Basis, daher komme für sie in erster Linie die ÖVP als Partner in Frage – nur das „Ruder“ wolle man denen aus der Hand nehmen, räsonierte sie. Noch am Wahlabend legte sie nach: Salzburg brauche eine „wirtschaftsfreundliche“ Politik, welche Investitionen ins Land hole, und man brauche eine zeitgemäße Verkehrspolitik – also weg von den prohibitiven grünen Verkehrs- und Autobahnkonzepten. Damit suggerierte „Gabi“ – wie sie nicht nur von ihren Genossen genannt wird -, daß sich gar nicht so viel ändern werde, wenn sie erst den Chiemseehof (Regierungssitz) übernommen habe. Dennoch herrscht bei den ÖVP-Seilschaften nun Zukunftsangst. Allein das Instrument der Salzburger Festspiele könnte für viele, die jetzt „roten“ Amtsträgern weichen müßten, einen spürbaren Verlust an Macht, Ansehen und Einkünften bringen. Interessant ist jedenfalls, daß die „Gabi“ von Haus aus eine oberösterreichische Bauerntochter aus kinderreicher Familie ist. In ihrer Kindheit, so erzählte sie selber, habe sie sich immer geärgert, weil sie die getragenen Kleider und Schuhe ihrer älteren Geschwister habe auftragen müssen. Deshalb wollte sie in ganz jungen Jahren Schuhverkäuferin werden: weil sie dann nämlich Zugang zu neuen Schuhen gehabt hätte. Nun, aus der „Schuhverkäuferin“ wurde eine Juristin und Mietrechtspezialistin, deren politisches Talent sie 1994 in den Salzburger Landtag brachte. 1999 wurde sie als Landesrätin (für Bauen/Verkehr/Konsumentenschutz) Mitglied der Regierung Schaußberger, 2001 SPÖ-Landeschefin und Landeshauptmann-Vize. Seit letzem Jahr mit „der Liebe ihres Lebens“ verheiratet, betont sie oft, ein Familienmensch zu sein. „Berge, Seen, viel Lesen, Ausgleichssport“ und „jemandem Geschenke machen“ seien ihre Hobbies: „Ich koche gerne, und ab und zu helfe ich auch bei der Arbeit am Bauernhof meiner Eltern“ – das alles paßt ins Konzept einer heilen Welt. Allerdings – wenn’s ans Eingemachte geht, findet sich bei ihr ein gehöriges Maß an Durchsetzungskraft. Der Wiener FPÖ-Führung ist die „Gabi“ deshalb auch gelegentlich unheimlich – nicht nur, weil die Freiheitlichen in Salzburg von 19,6 Prozent auf 8,7 Prozent mehr als halbiert wurden. Mit ihrem jung-dynamischen Profil droht Frau Burgstaller in die Phalanx der Alt-Genossen von Michael Häupl (Wiener Bürgermeister) bis Alfred Gusenbauer (SPÖ-Chef) einzubrechen. Und selbst wenn sie die volle fünfjährige Legislaturperiode als „Landeshauptfrau“ in Salzburg bleibt – danach könnte man sich sie auch als erste Kanzlerkandidatin vorstellen. Foto: Gabi Burgstaller: Auf Erfolgskurs / Wahlsensation in Salzburg: ÖVP erstmals seit 1945 zweite Kraft

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