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„Der greise König aller Unken“

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„Der greise König aller Unken“

 

„Der greise König aller Unken“

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Cato, Palmer, Exklusiv

Der Publizist und Orient-Experte Peter Scholl-Latour erlangte vor und während des kurzen Irak-Krieges beinahe mediale Omnipräsenz. Dabei haben aber, wie sich seit der Eroberung Bagdads herausstellt, viele Zuschauer offenbar eher auf sein besorgtes Mienenspiel als tatsächlich auf den Inhalt seiner Aussagen geachtet. Denn seit der US-Nachrichtensender CNN die Siegesbilder vom Sturz einer Saddam-Statue – in der Millionen-Stadt Bagdad immerhin von etwa hundert Bürgern bejubelt – um die Welt strahlte, gilt Scholl-Latour, der sich auch in der JUNGEN FREIHEIT mehrfach kritisch geäußert hatte, vielen als Schwarzmaler, der sich gründlich geirrt habe und in Zukunft lieber den Mund halten solle. Zuletzt schrieb zum Beispiel Peter Schneider im Spiegel: „Scholl-Latour, der greise König aller Unken … prophezeite für den Irak-Krieg brennende Ölfelder und jahrelange Häuserkämpfe. Doch trotz solcher – wie soll man sagen – extrem weitsichtiger Prognosen bleibt er ein andächtig befragter Talkshow-Gast.“ Und auch seine jüngsten Aussagen zum Iran, so Schneider, werden sich wohl „wieder als falsch erweisen“. Den nahtlosen Übergang zum Guerilla-Krieg sah er voraus Was aber hat Scholl-Latour – in der Zeit kurz vor Beginn des US-Angriffs in der Tat wohl der häufigste Gast in deutschen Wohnzimmern – tatsächlich gesagt? Wir haben, irritiert über die vermehrten Meldungen von seinem angeblichen Irrtum, im Archiv gekramt und seine letzten Interviews mit uns (JF 3/03 und 15/03) nachgeschlagen. Statt leichtfertig von „jahrelangen“ Häuserkämpfen zu sprechen, gab er sich in der JUNGEN FREIHEIT eher bedächtig: „Vorausgesetzt, ein Teil der irakischen Soldaten ist bereit, bis zum letzten Mann zu kämpfen“. Hat Scholl-Latour seine Ansicht also auf der Fahrt vom JF-Gespräch ins TV-Studio geändert? Kaum anzunehmen, vermutlich hätten seine heutigen Kritiker damals nur besser hinhören müssen. Scholl-Latour tendierte sogar – während selbst im Pentagon noch von der bevorstehenden Schlacht um Bagdad gesprochen wurde – zu einer damals eher selten gehörten Einschätzung: „Es ist ebenfalls vorstellbar, daß das Regime unter dem Druck der vorrückenden Amerikaner sich von selbst auflöst. Saddam Hussein ist in weiten Kreisen des Volkes verhaßt.“ Schließlich folgte die Voraussage: „Die US-Truppen könnten von zahlreichen Einwohnern Bagdads zunächst mit Jubel empfangen werden.“ Geirrt hat er sich lediglich in diesem Punkt: „Ich befürchte eine Zerstörung Bagdads in jedem Fall“ – angesichts der sonstigen treffenden Vorhersage der späteren Ereignisse eine läßliche „Sünde“. Den nahtlosen Übergang vom Eroberungs- zum Guerilla-Krieg sah er wiederum korrekt voraus: „Ich sehe keine Friedensphase.“ Denn „die Hochstimmung wird nicht anhalten“, eine „Besatzung durch Ungläubige“ werde wohl zu einem „asymmetrischen Krieg“ führen. Unterdessen hat der neue Oberbefehlshaber für die US-Truppen im Irak, General John Abizaid, nach Meldung der Süddeutschen Zeitung wegen der andauernden Gefechte erstmals von einem „Guerilla-Krieg“ gesprochen – sechs Monate nach Scholl-Latour! „Wie immer man es auch beschreibt, es ist ein Krieg“, so Abizaid. Erstaunlich, daß vor diesem Hintergrund Peter Schneider („der Friede im Irak hat noch nicht begonnen“), aber auch so mancher Journalist und Stammtischbruder meint, Scholl-Latour für Sätze wie „Auch wenn Saddam verschwinden sollte, wird der Krieg weitergehen“ auslachen zu können.

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