Mit fünf Mark war es auch „drüben“ möglich, dabei zu sein – obgleich im Rahmen eines staatlich verordneten, historischen Heilsplans. Die Schülerin Ruth Misselwitz erlebte solches, nachdem sie sich im Schulunterricht geweigert hatte, eine Strophe aus Heinrich Heines „Die schlesischen Weber“ vorzutragen: „Ein Fluch dem Gott, zu dem wir gebetet …“.
Während der Lehrer die löbliche Renitenz mit einer Fünf bewertete, belohnte der Vater die Haltung seiner Tochter mit fünf Mark. Die Solidarität erfolgte nicht von ungefähr, war der Vater doch Pfarrer. Zwanzig Jahre später wurde Ruth Misselwitz (Foto) selbst Pfarrerin, in Berlin-Pankow leitete sie einen Friedenskreis. Während alle Jungpioniere der Arbeiter- und Bauern-Diktatur das Lied von der „Kleinen weißen Friedenstaube“ singen, die „allen Menschen“ Frieden bringe, plant der Geheimdienst der SED-Diktatur einen Mordanschlag auf die widerständige Pastorin. Markiert sie doch – wie andere auch –, daß das opportunistische Bekenntnis von einer „Kirche im Sozialismus“ kaum in der Nachfolge Christi stehen kann. So standen denn auch viele Christen mit an der Spitze der DDR-Opposition.
In vier paradigmatischen Lebensgeschichten erzählt der Filmautor Gerold Hofmann, was es bedeutete, als religiöser Mensch im totalitären SED-Staat zu leben. Zu den weiteren Protagonisten dieser Dokumentation gehören Martin und Antje Böttger, die beide aus einem evangelischen Elternhaus stammen und aus ihrer christlichen Verantwortung heraus für die Menschenrechtsbewegung der DDR aktiv werden. Die Katholiken Christian und Erna Grade dagegen erhalten von ihrer Kirche den Rat, sich nicht in die Politik einzumischen. Der Erfurter Probst Heino Falcke wiederum entwickelt für seine Kirche das theologische Fundament gesellschaftspolitischen Einsatzes und wird so zum Vordenker der friedlichen Revolution.