Wer Roger Smiths jüngst erschienenen Thriller „Kap der Finsternis“ liest, mag sich ausmalen, welch unvorstellbare Mischung aus Gewalt und Gesetzlosigkeit in Südafrikas Großstädten herrscht. Mit mehr als 3.000 Mordfällen im Jahr übersteigt die Zahl der durch Gewaltverbrechen getöteten Bürger in Südafrika jene der Verkehrstoten. Noch grausamer als in Kapstadt stellt sich die Situation in Johannesburg dar. Hier herrscht die landesweit höchste Kriminalitätsrate. Viele Bürger fühlen sich – nicht zu Unrecht – von der vielerorts korrupten Polizei allein gelassen. An deren Stelle treten selbsternannte, häufig zwielichtige Sicherheitsdienste auf den Plan. Einen schonungslosen Blick in diese brutale Welt eröffnet die Dokumentation über „Law and Disorder in Johannesburg“ des britisch-amerikanischen Filmemachers Louis Theroux.
In der „Stadt des Verbrechens“, so der deutsche Sendetitel, geht der ebenso furchtlose wie scheinbar naive Theroux mit den gnadenlosen Bossen auf Patrouille in die Townships. Dort, so zeigt sich, verbreiten die halblegalen Sicherheitsdienste nicht selten genausoviel Angst und Schrecken wie die Verbrecher, die sie bekämpfen sollen. Die Stärke des Journalisten Louis Theroux zeigt sich in der vermeintlich arglosen Natur seiner Befragung, etwa im Gespräch mit Wil-liam Mayangoni: Mit seiner Sicherheitsfirma Mapogo arbeitet er vor allem für weiße Klienten, allerdings nicht nach Gesetzbuch. Missetäter kuriert Mapogo mit „Medizin“, sprich: dem Sjambok (Nilpferdpeitsche). Ein auf dem Sofa sitzender blutüberströmter Täter ist dafür beredtes Beispiel – auch wenn der den Reporter anschweigt.
In den sozialen Brennpunkten, so Theroux’ Fazit, verschwimmen die Grenzen zwischen Gesetzesbrechern und Gesetzeshütern. Und doch scheint Gewalt die einzige Sprache zu sein, die verstanden wird.