BERLIN. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, die in Deutschland geltende Visumspflicht für türkische Staatsangehörige bei Kurzaufenthalten teilweise als ungültig anzusehen, herrscht weiterhin Unklarheit über die rechtlichen Folgen des Urteils. Aus Sicht der Regierung ist diese Entscheidung auf Fernfahrer beschränkt, wie Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) in einem Interview mit der türkischen Tageszeitung Hürriyet bestätigte.
Eine Rechtsauffassung, gegen welche die Anwälte Rolf Gutmann und Gerhard Strate Strafanzeige gegen den Bundesinnenminister gestellt haben. „Er will die Anwendung des Urteils auf einen kleinen Personenkreis beschränken und damit die bisherige Verfolgungspraxis aufrechterhalten“, sagten die Redakteure des Informationsbriefs Ausländerrecht gegenüber dem Einwanderer-Internetportal Migazin. „Rechtlich liegt darin nicht nur eine Anstiftung zur Verfolgung Unschuldiger“, sondern auch eine Mittäterschaft Schäubles.
Petition an das EU-Parlament
Die türkischstämmigen Rechtsanwälte Ünal Zeran und Ilknur Baysu haben inzwischen eine Petition beim EU-Parlament eingereicht, um von der EU-Kommission die Erarbeitung einer einheitlichen Richtlinie für die rechtliche Behandlung türkischer Staatsbürger in allen EU-Ländern zu erzwingen, damit „eine jahrzehntelange rechtswidrige Behandlung von türkischen Staatsangehörigen“ beendet werden könne.
Die Bundestagsfraktion der Grünen hat sich inzwischen der Forderung angeschlossen, die Visumspflicht weitgehend aufzuheben. (FA)