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Meine Tochter liegt im Koma

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Wenn es stimmt, daß jeder Trend aus den USA mit einer gewissen Verzögerung auch Deutschland erreicht, dann habe ich Angst um das Leben meiner Tochter Marie. Wegen Terri Schiavo, jener Koma-Patientin aus Florida, die nach dem Willen ihres Ehemanns Michael (der längst mit einer anderen Frau zusammenlebt und zwei Kinder hat) und der Gerichte in den USA gestorben ist. Terri (41) lag seit 15 Jahren im Wachkoma, meine Tochter Marie (11) seit fast sieben Jahren. Bei Terri war ein Herzstillstand infolge einer Stoffwechselstörung die Ursache, bei Marie eine Hirnblutung ohne äußeren Anlaß. Beide haben eine schwere Hirnschädigung erlitten – aber sie sind nicht hirntot. Michael Schiavo hat vor Gericht durchgesetzt, daß seine Frau sterben muß. Er hat ihre Magensonde entfernen lassen. Die Folge: Terri verdurstete und verhungerte. Weil sie sich angeblich einst ihm gegenüber gegen die künstliche Verlängerung ihres Lebens ausgesprochen habe. Für mich ist das staatlich und juristisch sanktionierte Barbarei – Mord in Zeitlupe. Sie bekommt mit, was um sie hrum geschieht Die Medienberichte waren so widersprüchlich. Da dämmerte Terri Schiavo nach Angaben ihres Ehemannes „friedlich“ vor sich hin, ohne Anzeichen für „körperliches Unwohlsein“. Doch warum gaben die Ärzte ihr dann Morphium? Das sei „gegen die Schmerzen“, räumte ein Anwalt ein. Schmerzen, die sie nicht hatte, als sie ernährt wurde. Doch was ist überhaupt künstlich daran, wenn Nahrungsmittel nicht gekaut und geschluckt werden, sondern direkt über eine Sonde in den Magen fließen? Viele kranke Menschen werden so ernährt! Ich verstehe Terris Vater Bob Schindler, der für das Leben seiner Tochter kämpfte. Wie verzweifelt mußte er sein, nachdem alle juristischen Möglichkeiten erschöpft waren? Terri habe ihren Lebenswillen noch nicht verloren, sagte er nach einem Besuch nach Ostern bei seiner Tochter. Sie „kämpfe wie verrückt“ gegen das Sterben: „Sie fleht um Hilfe.“ Ich glaube ihm. Wegen Marie. Auch das Leben ist lebenswert. Denn natürlich ist es möglich, mit Menschen im Wachkoma eine Beziehung aufzubauen. Sie brauchen intensive Zuwendung. Doch dann kann man sehr wohl kleine Veränderungen in ihrem Verhalten beobachten. Bei Marie ist das vielleicht einfacher als bei Terri. Sie kann sich aufbäumen, mit den Armen schlagen und den Beinen strampeln. Wenn sich Besucher am Krankenbett unterhalten, wird sie oft ganz still, vielleicht weil sie zuhören will, oder sie „flippt“ aus – vielleicht weil sie anderer Meinung ist. Das muß man deuten. Doch das heißt: Sie bekommt mit, was um sie herum geschieht. Deshalb nehme ich mir die Zeit, um mit ihr zu schmusen, um ihr Bücher vorzulesen, ihr Geschichten zu erzählen, mit ihr zu singen und zu beten, sie in den Rollstuhl zu setzen und spazieren oder einkaufen zu gehen. Deshalb habe ich bei einer mehrtägigen Dienstreise nach Prag mehr Zeit darauf aufgewendet, Marie ein passendes Geschenk mitzubringen als meiner Frau und meiner gesunden Tochter Lara. Marie hat ein Spielzeug bekommen – eine kleine Holzpuppe auf einem Holzroller an einer Spiralfeder, die auf und ab hüpft, wenn Marie dagegen schlägt. Marie ist schwer krank, aber das heißt doch nicht, daß ihr Leben nicht lebenswert wäre. Es entzieht sich allerdings den herkömmlichen Kriterien einer Gesellschaft, in der Erfolg, Wohlstand und körperliche Unversehrtheit die einzigen akzeptierten Maßstäbe zu sein scheinen; in der Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime zu einsamen Orten werden, weil viele Menschen dort nicht mehr besucht werden. Und es stimmt auch, daß das Leben mit einem Komapatienten für die Angehörigen eine immense Belastung ist. Wie gut, daß es einen lebendigen Gott gibt, der immer wieder die notwendige Kraft (Jes. 40,31) gibt, nicht aufzugeben und nicht zu verzweifeln. Und wie gut, in einem Staat zu leben, der seine behinderten Bürger schützt. Klaus Rösler mit seiner Tochter Marie: „Auch das Leben ist lebenswert… Wie gut, daß es Gott gibt.“ Klaus Rösler, 47, ist Mitarbeiter der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Er wohnt in Aßlar bei Wetzlar. Seinen Text haben wir mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift idea-Spektrum Nr. 51 vom 31. März entnommen.

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