Er provoziert, konfrontiert und rechnet mit politischer Korrektheit ab – ohne je die Contenance zu verlieren: Boris von Morgenstern nimmt sich des täglichen Wahnsinns an, den das linke Establishment im Lande anrichtet – sei es regenbogenfarbiges Gender-Gaga, das Blaue, das vom öffentlich-rechtlichen Rundfunkhimmel gelogen wird, oder Regierungsarbeit, über die sich immer mehr Bürger grün und gelb ärgern, wenn sie nicht gerade rotsehen.
Zehntausende verfolgen regelmäßig den jungen Youtuber, der eben die 100.000-Abonnenten-Marke geknackt hat und auch auf Tiktok, Instagram und X aktiv ist. Daß der 29jährige Krankenpfleger aus Hermeskeil im Hunsrück einmal zur Marke unter den konservativen Vloggern werden würde, hätte er noch vor wenigen Jahren selbst nicht gedacht. „Ich war sogar Mitglied bei den Jusos“, beichtet er im Interview mit dem Magazin Krautzone.
Doch dann kam das Jahr 2015, er arbeitete in einer Asylunterkunft und eine Beziehung veranlaßte ihn, sich näher mit dem Islam zu beschäftigen. „Dabei stellte ich fest, daß das, was da gepredigt wird, und die Art, wie sich (Moslems) tatsächlich hier verhalten, nicht zusammenpaßt.“
Wutvokabeln und Kraftausdrücke sind tabu
2021 ging sein Kanal an den Start, der sich gegenüber vielen seiner Kollegen abhebt, indem er den auf Youtube beliebten Alarm- und Krawallstil konsequent meidet. Persönliche Angriffe, Wutvokabeln und Kraftausdrücke sind tabu, statt dessen pflegt Morgenstern einen betont bedächtigen und akzentuierten, mitunter leicht distinguierten Duktus.
Manche mögen stöhnen: „Bieder!“, andere loben: „Alte Schule!“ Morgenstern jedenfalls weiß, was er tut: „Gerade bei Konservativen wird sehr genau hingeschaut, wie sie etwas formulieren.“ Wer das nicht beachte, der erreiche am Ende nicht Otto Normalverbraucher, sondern „nur die eigene Blase“. Konsequenterweise ist auch sein Äußeres vorbildlich: gepflegte Frisur, stets ein Hemd oder Poloshirt, manchmal darüber ein Pullover. Typ smarter Schwiegersohn.
Boris von Morgenstern ist Chronist einer irren Zeit
Doch die Milde in der Form nimmt der Schärfe in der Sache nicht die Wirkung und gelegentlich würzt auch er seine Inhalte mit feinen Prisen zynischer Boshaftigkeit. Dem voraus geht aber das Recherchieren und Abwägen eines Falls, damit sein – nicht selten vernichtendes – Urteil auf Fakten statt auf Polemik ruht. Beispiel: die Meldung, bei einer Wahlkampfrede Ende Juli habe Höcke „plötzlich mit dem Sturm auf eine Polizeiwache gedroht“ (Bild).
Tatsächlich konnte weder von plötzlich, noch von Sturm die Rede sein: Nach mehrfach vergeblicher Bitte, die Beamten möchten gemäß Gesetzeslage die Störung der Veranstaltung durch aggressive Gegendemonstranten unterbinden, hatte der Politiker angekündigt, sonst „auf der Wache Strafanzeige zu erstatten, gemeinsam mit den tausend Leuten hier“, wie Morgenstern in einem seiner Videos en détail nachweist.
Als Chronist einer irren Zeit will er deren Wahnwitz dokumentieren. Damit ist er ein Vertreter der sonst vielgeschmähten „Generation Z“, der optimistisch stimmt. Die Frage bleibt, was daran eigentlich dezidiert konservativ ist. Richtig: nichts. Und Morgenstern bringt es auf den Punkt, wenn er klarstellt, in Wahrheit „entspricht meine Sicht doch mehr dem Mainstream (im Land) als etwa die der Tagesschau“.