Vor 30 Jahren galten Zeichentrickserien gemeinhin als Kinderunterhaltung. So war auch die Erwartungshaltung entsprechend, als die US-Cartoon-Serie „The Simpsons“ im deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen ihre Premiere feiern sollte. Hoch seriös kündigte die ZDF-Sprecherin am 13. September 1991 die erste Folge an.
Was damals wohl nur die wenigsten deutschen Zuschauer wußten: Bei der Folge „Eine ganz normale Familie“ handelte es sich eigentlich um die vierte Episode der ersten Staffel. Doch das ZDF sendete sie in abweichender Reihenfolge. Womöglich auch deshalb, weil die von den Machern an erster Stelle gesetzte Folge „Es weihnachtet schwer“ in Deutschland am Nikolaustag des Jahres gesendet werden sollte.
Im ersten Auftritt der Simpsons kamen mit dem Chef von Familienoberhaupt Homer, dem Atomkraftwerkbesitzer Mr. Burns, und seinem Assistenten Smithers gleich zwei weitere Figuren auf die Mattscheibe, die seitdem fest zur fiktiven Kleinstadt Springfield gehören. Zunächst war das gezeichnete Ensemble der Serie noch vergleichsweise überschaubar. Von Anfang an dabei waren unter anderem Schuldirektor Seymor Skinner, Lehrerin Mrs. Krabappel, diverse Mitschüler der Kinder Bart und Lisa, sowie der Psychologe Dr. Monroe.
Simpsons-Universum wächst
Dieser verzweifelte in der deutschen Premierenfolge mit seinem Konzept einer Elektroschock-gestützten Familientherapie an der mit Mutter Marge und Baby Maggie komplettierten Sippe. Ob dieser Mißerfolg zum späteren Serientod von ihm beigetragen hat, ist nicht überliefert. Im Vergleich zu anderen US-Zeichentrickserien unterschieden sich „The Simpsons“ dadurch, daß bei ihnen Figuren das Zeitliche segnen und sie ein für alle mal verschwinden. Monroe wird übrigens in späteren Staffeln durch ein nach ihm benanntes Krankenhaus in der Stadt geehrt.
Im Lauf der Dekaden ließ Simpsons-Erfinder Matt Groening das Universum immer weiter wachsen. Einen winzigen Ausschnitt davon gibt der Vorspann der jüngeren Folgen, wenn die Kameraperspektive über die versammelte Einwohnerschaft Springfields schwenkt.
Verglichen mit den späteren Staffeln, die viel stärker Phänomene der Pop-Kultur, der US-Politik oder des jeweiligen Zeitgeistes aufgreifen, waren die frühen Simpsons geradezu harmlos. Beim ZDF blieben sie trotzdem nicht lange. 1994 wanderten sie zum Privatsender ProSieben. Rückblickend mutmaßte der Kölner Stadt-Anzeiger, daß man beim ZDF vielleicht mit einem Format gerechnet haben könnte, das zu den „Mainzelmännchen“ gepaßt hätte.
Simpsons-Oberhaupt Homer glänzt mit Weisheiten
Doch mit „Gudn Naaabend“ krächzenden, mützentragenden Kerlchen, die die Werbeblöcke bevölkern, hatten die Simpsons nie etwas zu tun. Zwar entstand um sie herum mit der Zeit auch ein Verkaufsuniversum, das von Kleidung, Spielfiguren bis hin zu Computer-Spielen alles abdeckt, womit sich Geld verdienen läßt. Zugleich entwickelten sie sich in aktuell 32 Staffeln zum Dauerbrenner unter den Zeichentrickserien.
Markenzeichen der vierfingrigen gelben Familie sind nicht nur die Comedy und Slapstick-Einlagen, sondern ihre bissigen, aber dabei nicht böswilligen Kommentare über Gott, der in der Serie als einziger über fünf Finger verfügt, und die Welt. Gerade Homer überrascht nicht nur seine Familie, sondern auch die Zuschauer seit 30 Jahren mit Weisheiten. „Der Krieg ist vorbei und die Zukunft hat gewonnen. Die Vergangenheit hatte nie eine Chance.“ „Junge, wenn die Pfannkuchen auch nur halb so gut schmecken wie sie aussehen, dann sehen sie doppelt so gut aus wie sie schmecken.“
Und selbst eingefleischte, strenggläubige Christen stellt Homer vor das schier unlösbare Rätsel, ob es Gott gelänge, einen Burito so heiß zu machen, daß er ihn selbst nicht mehr essen können.