LONDON. Die britische Regierung hat der Presse bei der Veröffentlichung von weiteren Dokumenten zum amerikanischen Geheimdienst NSA mit Konsequenzen gedroht. „Wenn sie kein gesellschaftliches Verantwortungsgefühl an den Tag legen, wird es sehr schwer für die Regierung, sich zurückzuhalten und nicht tätig zu werden“, sagte Premierminister David Cameron im Unterhaus.
Dem Guardian, der beständig aus den Geheimdokumenten des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden zitiert, warf er vor, schädliches Material abzudrucken. Die Regierung in London war in der Vergangenheit immer wieder gegen Medien vorgegangen, die über die Überwachungsmethoden der britischen und amerikanischen Geheimdienste berichtet hatten.
Vereinigte Staaten wollen NSA-Affäre aufarbeiten
So wurde im August bekannt, daß der Guardian gezwungen wurde, Festplatten mit Material zur NSA zu zerstören. Andernfalls drohten die britischen Behörden mit einer Razzia in der Redaktion, berichtete Chefredakteur Alan Rusbridger. Später wurde bekannt, daß Cameron selbst hinter dem Vorgehen der Behörden steckte. Die Bundesregierung kritisierte das Vorgehen der britischen Regierung. „Da ist die rote Linie überschritten worden“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP).
Unterdessen mehren sich die Stimmen in den Vereinigten Staaten, die für eine Aufarbeitung der Spähpolitik des Landes plädieren. Die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses der Kongreßkammer, Dianne Feinstein, sagte: „Es ist mehr als klar, daß eine totale Überprüfung aller Geheimdienstprogramme notwendig ist.“ Sie gestand zudem ein, daß die USA ihres Wissens nach das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Vergangenheit abhörten. Dies wurde auch von der Obama Administration bisher nicht dementiert.
Snowden meldet sich im Internet zurück
Unterdessen hat Edward Snowden am Montag damit begonnen, auf einer Unterstützerseite im Internet Gelder für die juristischen Auseinandersetzungen, die auf ihn zukommen, zu sammeln.
Sympathisanten des NSA-Whistleblowers werden um Spenden und um das Unterzeichnen von Petitionen zugunsten Snowdens gebeten. Die Seite enthält einen Überblick über die Snowden-Enthüllungen und sein Bemühen um Asyl in diversen Staaten (meistens abgelehnt). Initiator ist eine Gruppe namens Journalistic Source Protection Defence Fund (Quellenschutzverteidigungsfons), die in seinem Einverständnis handelt.
Rückkehr in die USA?
Snowden droht in den USA eine Strafe wegen Verstoßes gegen das Spionagegesetz. Der Gefreite Bradley Manning wurde in einem vergleichbar prominenten Fall wegen der Weitergabe von Informationen an Wikileaks im August zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt.
Bislang ist Snowden nicht im Netz in Erscheinung getreten. Es gibt mehrere Twitterkonten mit seinem Namen, dabei handelt es sich jedoch um Nutzer, die nur vorgeben, Snowden zu sein. Die Existenz der Seite legt den Schluß nahe, daß Snowden erwägt, in die USA zurückzukehren. (ho/rg)