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Merkwürdige Stasi-Kontakte: Merkel – Man kennt sie, es schafft uns

Merkwürdige Stasi-Kontakte: Merkel – Man kennt sie, es schafft uns

Merkwürdige Stasi-Kontakte: Merkel – Man kennt sie, es schafft uns

Die damalige Familienministerin Angela Merkel (CDU) trägt ein blaues Jackett und läuft in der damaligen Regierungsstadt Bonn herum, 1993
Die damalige Familienministerin Angela Merkel (CDU) trägt ein blaues Jackett und läuft in der damaligen Regierungsstadt Bonn herum, 1993
Die damalige Familienministerin Angela Merkel (CDU) in der Regierungsstadt Bonn, 1993 / Foto: picture alliance / | –
Merkwürdige Stasi-Kontakte
 

Merkel – Man kennt sie, es schafft uns

Ist zu der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht alles gesagt? Sicher nicht. Viele Details aus ihrer DDR-Vergangenheit werfen aber noch immer Fragen auf.
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Es reicht jetzt. Über Angela Merkel sind rund 40 Biographien erschienen, ausführlich besprochen und mit einigem PR-Aufwand gelobt oder verrissen worden. Da sollte über die einstige Dauerkanzlerin ja eigentlich alles bekannt, von unterschiedlichen Seiten beleuchtet worden sein. Zumal die Frau aus dem Osten im Wahlkampf 2013 mit der Behauptung „Sie kennen mich“ geworben hatte. Mit Erfolg.

Doch der griffige Slogan trifft nur auf ihre Amtszeit als Kanzlerin (2005 bis 2021) und als Politikerin in verschiedenen Ämtern nach dem Mauerfall zu, den sie abwartend beobachtet hatte. Was war aber in ihrer DDR-Zeit zwischen 1954 bis zum Ende des SED-Regimes 1989? Wie stand die Pfarrerstochter zur DDR-Diktatur? Hat sie sich etwa schuldig gemacht durch Kollaboration mit dem Staatssicherheitsdienst des zweiten deutschen Staates?

Um die Frage gleich vorweg zu beantworten. Es gibt ausweislich der derzeitigen Aktenlage keinerlei Hinweise, daß die in Templin (Uckermark) aufgewachsene „DDR-Bürgerin“ Mitmenschen bespitzelt oder gar verraten haben könnte. Der Autor Klaus-Rüdiger Mai beruft sich auf die Recherchen des renommierten Historikers Hubertus Knabe, der dieser Frage mit „bewunderungswürdiger Akribie“ nachgegangen sei.

Merkel war eine klassische Mitläuferin

Andererseits war Merkel auch keine Dissidentin, was sie immer ohne Umschweife eingeräumt hat. Angela Merkel, 1954 in Hamburg geboren und kurz darauf mit ihren Eltern in die DDR übergesiedelt, entwickelte sich vielmehr zu einer klassischen Mitläuferin, die vorsichtig tastend jede Veränderung in ihrem persönlichen und beruflichen Umfeld beobachtete, abwartete und dann nach einigem Zögern handelte.

Das ist nicht verwerflich, wie auch der Autor anmerkt, in einer Diktatur vielleicht sogar verständlich. Und erklärlich mag unter diesen autoritären Lebensbedingungen auch eine gewisse Verschlossenheit sein, sich nicht in die Karten gucken zu lassen.

Doch seit dem Abend des 9. November 1989 ist alles anders. Während Merkel in der Sauna schwitzte, stürmten mutige DDR-Deutsche in Ostberlin die Mauer, brachten das Regime zum Einsturz und legten den Grundstein für ein transparentes Staatswesen, das wiedervereinigte Deutschland. Das Transparenzgebot gilt insbesondere für Personen des öffentlichen Lebens, zu der Merkel spätestens mit der Berufung zur Bundesfrauen- und Jugendministerin Anfang 1991 wurde. Und deshalb verlangen „blinde Flecken“ nach Durchschaubarkeit, wie der Autor in seiner „kritischen Biographie“ zu Recht fordert.

Auf dem Cover der Merkel-Biographie von Klaus-Rüdiger Mai ist die ehemalige CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sehen
Klaus-Rüdiger Mai: Angela Merkel. 352 Seiten, Europa Verlag, Jetzt im JF-Buchdienst bestellen

Merkels Erzählungen stimmen nicht mit der DDR-Realität überein

So erscheint zum Beispiel merkwürdig, daß Merkel 1986 als Mitglied der Akademie der Wissenschaften, der höchsten wissenschaftlichen Einrichtung der DDR, allein in die Bundesrepublik reisen durfte. Zunächst nach Hamburg zur Hochzeit einer ihrer Cousinen, weiter nach Karlsruhe zu einem nicht näher bezeichneten Professor und anschließend nach Konstanz zu einem Kollegen, der „Republikflucht“ begangen hatte.

„Merkels Erzählungen stimmen an den wichtigsten Punkten nur schwer mit der DDR-Realität überein“, schreibt der Verfasser, der 1963 in der DDR geboren wurde. Hier wäre Aufklärung geboten, die Merkel aber bisher verweigert, zuletzt in ihrem kürzlich erschienenen Selbstrechtfertigungsbuch. Daß die Physikerin Merkel acht lange Jahre für ihre Dissertation benötigte, ist für DDR-Verhältnisse ebenfalls seltsam. „Was also hat sie von 1978 bis 1986, außer an ihrer Dissertation zu arbeiten, unternommen.“

„Eine Anomalie in Merkels Vita“, so Mai, stellen auch die Begleitumstände einer Reise nach Polen im Herbst 1981 dar. Bei der Rückreise in die DDR entdeckten die Grenzer eine versteckte Solidarność-Zeitung, ein Abzeichen dieser staatsunabhängigen Gewerkschaft sowie zwei Fotos des Denkmals in der polnischen Hafenstadt Gdingen.

Sie tischte mehrere Stasi-Geschichten auf

Die FDJ-Funktionärin wurde aus dem Zug geholt und von den Grenzern darauf aufmerksam gemacht, „daß solche Gegenstände zur Einfuhr in die DDR nicht zugelassen sind“. Der Vorfall hatte für die junge Wissenschaftlerin keinerlei Konsequenzen, was „vollkommen untypisch“ sei, ist sich Mai sicher.

Andere seien für vergleichbare Vergehen verhaftet worden. Jedenfalls erfuhr die Stasi von der versuchten Einfuhr der staatsfeindlichen Literatur und unternahm nichts. Seltsam, da die DDR-Führung seinerzeit große Angst hatte vor einer Ansteckungsgefahr durch die polnische Massenbewegung.

Seltsam erscheinen auch Merkels Schilderungen über angebliche Anwerbeversuche der Stasi, zumal sie mehrere Versionen auftischt. Im Sommer 1978 bewarb sich die Diplom-Physikerin an der Technischen Hochschule Ilmenau um eine Stelle als wissenschaftliche Assistentin. Version eins. Nach dem „sehr unangenehmen Vorstellungsgespräch“ sei sie in einen Raum geführt worden, wo Stasi-Mitarbeiter auf sie warteten.

„Ein Rückgängigmachen von Wahlen sieht das Grundgesetz nicht vor“

Doch hätten die Geheimdienstleute schnell von ihr abgelassen, nachdem sie sich als extrem geschwätzig dargestellt hatte. Nach einer früheren Darstellung hätten zwei Stasi-Leute sie ganz offen auf der Treppe der Hochschule angesprochen. Ein Anwerbungsversuch in aller Öffentlichkeit? Wenig glaubhaft.

Und will uns Merkel wirklich den Bären aufbinden, sie habe 1969, also im zarten Alter von 15 Jahren, die Wahl Gustav Heinemanns zum Bundespräsidenten heimlich auf der Schultoilette mit ihrem Transistorradio verfolgt? „Ich war bewegt davon, wie spannend die drei Wahlgänge waren.“

Jedenfalls war der pubertäre Ausflug in die Interna westdeutscher Regierungspolitik alles andere als nachhaltig, wenn er denn so stattgefunden haben sollte. Als im Februar 2020 der FDP-Politiker Thomas Kemmerich überraschend mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD zum Ministerpräsidenten Thüringens gewählt wurde, forderte Merkel, die Wahl müsse „rückgängig“ gemacht werden. „Ein Rückgängigmachen von Wahlen sieht das Grundgesetz nicht vor“, bemerkte damals süffisant der vormalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

„Vielleicht habe ich da ein autoritäres Verhalten in mir“

Merkels entlarvende Intervention erklärt sich durch ein eher unfreiwilliges Geständnis zu Beginn ihrer Karriere. „Vielleicht habe ich da ein autoritäres Verhalten in mir“, antwortet die Sauberfrau aus dem Osten 1991 auf eine Frage nach ihrem Staatsverständnis.

Dazu gehört nach Mais Ansicht auch die „Delegitimierung und mediale Diskreditierung alternativer Angebote.“ Er spricht vom „Staatsbonapartismus“ der „Präsidialbundeskanzlerin“, die mittels Spaltung und Einschüchterung regiert habe. Als Folge hätten „die demokratischen Parteien“ einen Block gebildet, der immer mehr einer Neuauflage der Nationalen Front der DDR ähnele.

Aus der JF-Ausgabe 3/25.

Die damalige Familienministerin Angela Merkel (CDU) in der Regierungsstadt Bonn, 1993 / Foto: picture alliance / | –
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