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Farbiger Untergang

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Entschiede die schiere Menge, so könnte man die Monate zwischen dem Bombardement Königsbergs Ende August 1944 und der Evakuierung letzter Wehrmachtseinheiten von Hela im Mai 1945 für den zeithistorisch am besten erforschten Abschnitt in der Geschichte West- und Ostpreußens halten. Prüft man jedoch die überwiegend der „Erlebnisgeneration“ entstammenden Erzeugnisse genauer, genügen die wenigsten wissenschaftlichen Standards. Die für 2008 angekündigte Freiburger Habilitationsschrift Heinrich Schwendemanns über den „deutschen Zusammenbruch im Osten 1944/45“ dürfte daher kaum zu spät kommen, um sich noch als „Pionierstudie“ zu empfehlen.

Keineswegs muß Schwendemann die Konkurrenz des neuen Werkes fürchten, das Heinz Schön nun über Ostpreußens Schicksalsmonate vorlegt. Denn Schön erhebt keinerlei wissenschaftliche Ansprüche. Ihm geht es allein um populäre Vergegenwärtigung des schrecklichen Geschehens. Der Verlag unterstützt sein Anliegen mit großzügiger Illustration. Man könnte sogar den Eindruck gewinnen, Schöns Kurzgeschichte des ostpreußischen „Untergangs“ diene allein als Textgirlande für die letztlich geringe Zahl von Farbfotos, die bislang in anderen einschlägigen Verlagspublikationen noch unberücksichtigt blieben.

Wie wenig Sorgfalt dem Text galt, ergibt ein Vergleich mit jener Geschichte der Provinz, die derselbe Verlag 2001 herausbrachte – von einem pseudonymen Autor namens Bernhard Lindenblatt. Wirkt der Schön-Text doch wie ein Neuarrangement der Auslassungen „Lindenblatts“, die sich – für Ostpreußens Zeitgeschichte nach 1914 alle relevanten Forschungen ignorierend – nicht wesentlich über das Niveau von Landser-Heften erheben.

Wenn solche – nicht einmal Glorifizierungen des unsäglichen Gauleiters Erich Koch scheuende – Klitterungen, „bereichert“ um sattsam bekannte Greuelfotos der Opfer des im Oktober 1944 von einer entfesselten sowjetischen Soldateska heimgesuchten Nemmersdorf, hier dem Leser nochmals zugemutet werden, bleibt man nicht nur von der versprochenen „wahrheitsgemäßen Darstellung“ meilenweit entfernt, sondern fungiert als Stichwortgeber für jene und überläßt ihnen damit praktisch das Feld, die am Deutschen Historischen Institut in Warschau und anderswo eifrig daran arbeiten, diese deutsche Geschichte Ostpreußens mit umgekehrten Vorzeichen „umzuschreiben“.

Heinz Schön: Ostpreußen 1944/45 im Bild. Endkampf – Flucht – Vertreibung, Arndt Verlag, Kiel 2007, gebunden, 158 Seiten, Abbildungen, 25,95 Euro

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