Wenn es um „die Jugend von heute“ geht, sehen ältere Semester zu allen Zeiten stets Hopfen und Malz verloren. Angesichts von Klimaspinnern, Willkommensidioten und Gender-Irren ist das heutzutage verständlich. Aber das junge Volk ist insgesamt besser als sein Ruf. Selbst urbane Jugendliche sollte man nicht generell abschreiben, wie ein aktueller Freizeittrend belegt: Stadtangeln oder „Streetfishing“ ist hip.
Das Fischen in Kanälen oder Flüssen in städtischen Ballungsräumen hat nichts mehr mit dem Hobby älterer Herren in Tarnkleidung zu tun, die unbeweglich auf einem Klappstuhl versteinern. Heute spazieren Jugendliche in modischer „Streetwear“ in Gruppen mit der Angelrute durch die City zum nächsten Angel-Spot. Traditionalisten tippen sich an die Stirn – aber immerhin ist das eine nicht-virtuelle, analoge Beschäftigung an der vielgelobten „frischen Luft“. Und schließlich ist Fisch aus der eigenen Stadt ja wohl „regional“ und „nachhaltig“.
SportvisserijFryslân – FK Streetfishing https://t.co/GSS0riKshH pic.twitter.com/st4rNabsIv
— LeerVissen (@LeerVissen) September 17, 2023
Spundwand-Kescher, schlanke Rute, leichte Bleie, kleine Köder – beim Straßenangeln braucht man vor allem eine tragefreundliche Ausrüstung. Dann wird der Gummifisch am Gewässergrund mit geschickten Rutenbewegungen zum Leben erweckt, um Räuber anzulocken. Außerdem ist noch eine weiche Matte zum Abhaken zu empfehlen, damit der Fisch nicht unnötig verletzt wird.
Städtisches Angeln wird durch steigende Wasserqualität attraktiver
Influencer in sozialen Medien beflügeln den Trend. Schon während des Lockdown-Regimes ist die Zahl der urbanen Angler stark angestiegen. Inzwischen ist Youtube voll mit Videos darüber. Entstanden ist der Hype angeblich in Frankreich. Mittlerweile gibt es Großstadtangler in den USA, in Japan und natürlich auch bei uns.
Mit ultraleichtem Gerät und bunten Gummiwürmern stellen sie vor allem Raubfischen wie Hecht und Zander nach. Und dann geht’s mit dem Fang in der Tüte im Bus nach Hause. Pech nur, wenn statt des kapitalen Burschen doch nur ein Einkaufswagen oder E-Roller am Haken hängt.
Die Angler 2.0 stehen an Schleusen, Stegen, Pfeilern und Einleitungen. Da die Wasserqualität in den Städten seit Jahrzehnten immer besser wird, wachsen die Fischbestände stetig. Neben heimischen Arten landen auch überseeische Invasoren wie der amerikanische Sonnenbarsch am Haken. Diese sollten nicht wieder ausgesetzt, sondern grundsätzlich getötet werden! So hart das klingen mag.
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Der Spätherbst als optimale Fischsaison
Wer die Leine auswerfen will, muß viel Wissen über Ausrüstung, Angeltechniken und vor allem über die Beute sammeln: Fischarten, Schon- und Laichzeiten werden in der vorgeschriebenen Fischerprüfung („Angelschein“) abgefragt. Die kommunalen Fischereibehörden erteilen Auskünfte und Genehmigungen zum Angeln. Ob im Schatten der Hamburger Elbphilharmonie, am Münchner Isar-Wehr, unter der Kölner Hohenzollernbrücke oder am Berliner Landwehrkanal: City-Angeln verbindet Großstadtflair und Naturerlebnis, ist gruppendynamischer und mobiler als klassisches Verweilen am ruhigen Gewässer. Aber Vorsicht: Manche Arten wie Hecht und Aal sind häufig mit Schwermetallen belastet und sollten nicht zu oft verzehrt werden.
Im Spätherbst sind Raubfische besonders aktiv, anders als im Sommer. Nun fressen sie sich Winterreserven an und sind auch tagsüber lebhaft. Die Räuber lieben die Sediment-Wolken, die von Bootsmotoren aufgewirbelt werden, als Tarnung für die Jagd. Auch aufgewärmtes Kühlwasser von Industrieanlagen, das in Flüsse und Kanäle zurückgeleitet wird, zieht viele Fische an – und damit auch kapitale Räuber. Wer nicht nur für ein Selfie, sondern für die eigene Bratpfanne fischt, kann jetzt also reiche Beute ans Licht ziehen.
Allerdings hat der Großstadtangler auch natürliche Feinde, die das Petri Heil zunichte machen können: Kormorane und Reiher, Partyboote, Paddler und Ausflugdampfer, die die Leine zerreißen, oder aufdringliche Passanten, die einen vollquasseln. Und natürlich „Tierrechtler“, die sich über die „Fischemörder“ empören. Vielleicht versuchen sich ja demnächst Anti-Angel-Aktivisten auch auf Wasserstraßen zu kleben.