BERLIN. Die Jugend in Deutschland verhält sich weniger umweltbewußt als angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die der Jugendforscher Simon Schnetzer zusammen mit dem Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann veröffentlicht hat. Zwar machten sich 56 Prozent der Befragten über den Klimawandel Sorgen. Aber nur 19 Prozent der Jugendlichen waren auf der anderen Seite bereit, im Privatleben auf das Auto zu verzichten. „Der größte Gegenspieler von Veränderungen ist die Komfortzone des Wohlfahrtsstaates, in der sich die jüngere Generation nach dem Vorbild ihrer Eltern bequem eingerichtet hat“, kommentierte Hurrelmann die Ergebnisse der Umfrage am Montag.
Auch in Ernährungsfragen handeln Jugendliche laut der Studie weniger ökologisch als erwartet. So gaben 56 Prozent der Befragten an, sich in ihren Eßgewohnheiten keinerlei Einschränkungen aufzuerlegen. Zu alternative Ernährungsweisen wie etwa Vegetarismus oder Veganismus bekannten sich 44 Prozent.
Für die Studie unter dem Titel „Jugend in Deutschland“ hatten die beiden Forscher im Zeitraum vom 14. bis zum 22. Oktober rund 1.000 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 14 und 29 Jahren interviewt.
Studie: Sichere Rente ist eine Kernerwartung von Jugendlichen
Der Umfrage zufolge erwarteten junge Leute von der Politik in Zukunft vor allem ein Garantieversprechen auf ihre Altersbezüge. „Auffällig ist der hohe Stellenwert der Sicherung der Rente. Im Vergleich zu früheren Studien ist das ein neuer Akzent, der aufhorchen läßt“, erläuterte Schnetzer die 59 Prozent der befragten Jugendlichen, die diese Erwartung an die Politik geäußert hatten. Am Horizont zeichne sich neben der Angst um das Klima die Sorge junger Leute um ihre Altersabsicherung im Lichte der demographischen Entwicklungen ab.
Außer vor der unsicheren Rente fürchteten sich die Jugendlichen laut der Studie auch vor der Inflation (46 Prozent) und der wachsenden Spaltung der Gesellschaft während der Corona-Pandemie (44 Prozent). Darauf und auf die Corona-Schutzmaßnahmen führten viele junge Menschen (40 Prozent) eine psychische Mehrbelastung zurück. Zwar erklärten 69 Prozent, bereits vollständig geimpft zu sein. Doch sagten nur 19 Prozent der Befragten aus, Angst vor der Infektion zu haben.
„Die Studie zeichnet das Bild einer grundsätzlich politisch wachen und aktiven jungen Generation, die sich ihrer wichtigen gestalterischen Rolle für die Zukunft des Landes bewußt ist“, faßte Schnetzer die Erkenntnisse der Studie zusammen. Allerdings erholten sich die jungen Menschen im Land nur sehr langsam von den Auswirkungen der Corona-Krise, ergänzte er.
Die Ergebnisse der Umfrage stellen das Bild einer jungen Generation infrage, die umweltbewußt lebt und sich politisch für einen „sozial-ökologischen Umbau“ der Gesellschaft einsetzt. (fw)