BERLIN. Nach der Wahl eines AfD-Mitglieds in einen katholischen Pfarrgemeinderat in Potsdam hat der Berliner Erzbischof Heiner Koch die Neuwahl des Gremiums angeordnet. Der Gemeinderat habe in einer Anhörung am Donnerstag mit einer Gegenstimme für diese Entscheidung gestimmt, berichtete die Nachrichtenagentur epd am Freitag. Das Erzbistum sei daraufhin nach Abwägung aller Rückmeldungen der Bitte gefolgt.
Anfang März hatte der Probst der Potsdamer Pfarrei St. Peter und Paul, Arnd Franke, um Auflösung des Pfarrgemeinderats gebeten, weil ein neu gewähltes Mitglied Teil der AfD und ihrer Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ ist. Ausschlaggebend für die Bitte an Erzbischof Koch sei eine „zunehmend von Mißtrauen und Konflikten geprägte Atmosphäre“ in seiner Gemeinde gewesen.
Pfarrer sprach von „Anfeindungen und Verdächtigungen“
Am Sonntag vor einer Woche hatte Pfarrer Franke seine Gemeinde über den Vorgang informiert. Wie die JUNGE FREIHEIT von einem Meßbesucher erfuhr, sprach der Propst in seiner Ansprache von zunehmenden „Anfeindungen und Verdächtigungen“.
Es sei sein Fehler gewesen, daß über die Kandidaten für die Pfarrgemeinderatswahl Ende vergangenen Jahres zu wenig Informationen bekannt geworden seien. So sei etwa nach Ansicht des Pfarrers Franke das berufliche Umfeld für die Wähler von Relevanz. Hintergrund ist die Wahl des neuen Pfarrgemeinderats im November 2019.
Flugblattaktionen gegen AfD-Mitglied
Dabei war auch ein Gemeindemitglied in das Gremium gewählt worden, das als Schatzmeister des Brandenburger Landesverbands der „Jungen Alternative“ tätig war. Dieses Amt legte der 32 Jahre alte Mann jedoch mittlerweile nieder. Bereits Ende Dezember ging Pfarrer Franke mit Bedenken an die Öffentlichkeit, ob eine vertrauensvolle Zusammenarbeit noch möglich sei. So hätten „einzelne Kandidaten bei der Vorstellung in der Gemeinde nicht offengelegt, welche Ehrenämter sie außerdem innehaben beziehungsweise in welchem beruflichen Umfeld sie arbeiten“, begründete der Propst damals seine Zweifel. Deren beruflicher Hintergrund war tatsächlich in der Gemeinde allgemein bekannt und kein Geheimnis.
Ende Januar 2020 nahm der Pfarrgemeinderat jedoch die Arbeit inklusive des AfD-Mitglieds auf. Daraufhin kam es nach JF-Informationen vor einer Sonntagsmesse zu einer Flugblattaktion von Gegnern. Ein früheres Mitglied des vorangegangenen Pfarrgemeinderats ging verbal auf die jetzige Vorsitzende des Gremiums los. AfD-Mitglied Weber, der sich als Organist und Vorsänger ehrenamtlich für die Kirchgemeinde engagiert, sagte der JF, er sei bislang noch unentschlossen, ob er im Falle einer Neuwahl des Pfarrgemeinderats wieder antreten werde. (ls)