HAMBURG. Der Pastor und ehemalige Studienleiter für Erinnerungskultur an der Evangelischen Akademie in Hamburg, Ulrich Hentschel, hat vorgeschlagen, den Kopf des Bismarckdenkmals in der Hansestadt zu entfernen. „Das würde eine Irritation geben. Die ist ja enorm wichtig, so daß man nämlich die Monumentalität und Wucht dieses Denkmals aufbricht“, sagte er dem NDR.
Die Statue des ersten Reichskanzlers im Alten Elbpark war durch die „Black Lives Matter“-Bewegung und den Bildersturm gegen Denkmäler zur Kolonialzeit ins Visier geraten. Pläne, im Sockel des Denkmals Tafeln mit Erläuterungen zur Bedeutung Bismarcks anzubringen, sind Hentschel demnach nicht genug. „Aber das soll ja alles im Herbst besprochen werden. Am Ende darf der alte Bismarck nicht mehr in seiner heroischen Pose mit dem Schwert Hamburg dominieren.“
Der evangelische Geistliche warf Bismarck dessen Rolle in der Afrikapolitik vor. Er sei kein Held, der nur Gutes für die Welt gebracht habe. „Bekannt ist, daß er nach anfänglichem Zögern die deutsche Kolonialpolitik begründet hat. Auf einer Konferenz in Berlin, die er einberufen hat, stand er mit anderen gebeugt über eine Landkarte Afrikas, und sie haben dann den Kontinent untereinander aufgeteilt wie eine Räuberbande“, empörte sich Hentschel.
Unbekannte beschmieren Denkmäler
Auch den Kampf gegen die Sozialisten im 19. Jahrhundert beklagte der Pastor. „Man sollte auch daran erinnern, daß er die Vorgängerorganisation der SPD verboten hat. Tausende von Sozialisten kamen damals in Gefängnisse und wurden ausgewiesen.“ Zudem habe sich sein Kulturkampf gegen die katholische Kirche und das ebenfalls katholische Polen gerichtet.
Das Denkmal von Otto von Bismarck in Hamburg ist mit 34,3 Metern das höchste weltweit. Es wurde am 2. Juni 1906 nach dreijähriger Bauzeit eingeweiht.
In den vergangenen Wochen waren auch in Deutschland Denkmäler mit Bezug zur deutschen Kolonialgeschichte geschändet worden. So hatten Unbekannte das Berliner Bismarckdenkmal im Tiergarten und eines im Hamburger Stadtteil Altona mit Farbe beschmiert, ebenso wie das Standbild von Kaiser Wilhelm II. auf der Rheinbrücke in Köln. (ag)