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Ode an das Räuchermännchen: Der weiße Nebel wunderbar

Ode an das Räuchermännchen: Der weiße Nebel wunderbar

Ode an das Räuchermännchen: Der weiße Nebel wunderbar

Räuchi
Räuchi
Räuchermännchenproduktion der KWO, Raachermannel in Aktion Fotos: dpa; Montage: JF
Ode an das Räuchermännchen
 

Der weiße Nebel wunderbar

In Zeiten von Feinstaubhysterie und Klimawahn gilt Rauch als böse, gefährlich und gesundheitsschädigend. Doch Rauch ist nicht gleich Rauch. Der Atem eines „Raachermannel“ aus dem Erzgebirge spendet Wärme, streichelt die Seele und vertreibt böse Geister. <Eine Liebeserklärung an das Räuchermännchen.
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Wenn in der kalten Jahreszeit sich Hustenerreger und Schnupfenbazillen im Büro breitmachen, reinigt es die krankheitsbringende Luft. Wenn im Winter die Tage kurz und die Dunkelheit lang ist, spendet sein Duft Behaglichkeit und Wärme. Wenn einen in der Ferne das Heimweh plagt, weckt sein Atem Erinnerungen an die glücklichen Kindheitstage zur Weihnachtszeit: das Räuchermännchen.

Wo in der indischen Heilkunst Räucherstäbchen die drei Doshas ins Gleichgewicht bringen sollen, streichelt hierzulande seit uralter Väter Sitte der Duft von Tanne oder Weihrauch die melancholisch gestimmte Winterseele und vertreibt böse Geister.

Doch nicht nur sein Rauch, auch sein Anblick bereitet Freude. Ob Jägersmann, Polizist oder Schneemann, ob Lokomotive, Ofen oder Häuschen, ob orientalischer Sultan aus dem Morgenland oder Pfeife-rauchender preußischer Soldat mit Pickelhaube: Räuchermännchen bedeuten wahre Vielfalt.

Familienerbstück statt Eine-Saison-Wegwerfprodukt

Das Licht der Welt erblickte das erste Männlein einst dort, wo Dunkeldeutschland in der dunklen Jahreszeit noch dunkler ist: im Erzgebirge, dem Mekka der Schnitzkunst. Im 19. Jahrhundert begann hier der Siegeszug des Raachermannel. „Der Schöpfer der gedrechselten Figuren soll vorwiegend der um 1850 in Heidelberg bei Olbernhau lebende Ferdinand Frohs gewesen sein“, weiß die Internetseite „Erzgebirgestube“ zu berichten. Dies mag auch der Grund sein, warum sich das Räuchermännchen in der DDR noch bis zur Wende größerer Beliebtheit erfreute als im Westen.

Allerdings: Was einst als Ostware verpönt war, ist heute wieder deutschlandweit gefragt. „Original Erzgebirge“ ist mehr als nur ein Produktlabel aus Marketingzwecken. Es steht für Handarbeit statt industrieller Herstellung aus Fernost, für Unikat statt Massenware, für generationenübergreifendes Familienerbstück statt Eine-Saison-Wegwerfprodukt.

Doch das hat durchaus seinen Preis: ab 30 Euro aufwärts ist ein echtes Raachermannel zu haben, wobei Verkaufssummen – je nach Größe und Motiv – von 80, 90 oder gar 100 Euro keine Seltenheit sind. Der 18 cm große Rauchmann „Easy Rider“ der Firma KWO (Kunstgewerbe-Werkstätten Olbernhau) mit Trike und Totenkopfzeichen auf dem Rücken kostet beispielsweise 139 Euro. Der klassische Räucherfliegenpilz hingegen ist schon für 25 Euro zu haben.

Aus zweiter Hand sind Räuchermännchen indes für wenige Euro auf dem Flohmarkt zu ergattern. Die feine Patina aus dem Rauch vergangener Weihnachten gibt es hier sogar umsonst dazu. Der Unterschied zwischen China-Ware und Handarbeit aus dem Erzgebirge ist selbst für Laien schnell zu erkennen. Neben Stempel, Siegel oder Etikett geben dabei auch Bemalung und Lackierung Hinweise darauf, ob es sich um ein Original oder eine Billigkopie handelt. Sichtbare Leimnähte beispielsweise sind meist ein deutliches Anzeichen dafür, daß das Männl eher nicht von einem erzgebirgischen Bergmann an einem langen Winterabend vor dem Kamin geschnitzt wurde.

Nur zur Winterszeit und erst nach Totensonntag

Aber auch beim Innenleben, der Räucherkerze, sollte man auf Markenqualität setzen. Ob Neudorfer, Knox oder Crottendorfer: Hauptsache Erzgebirge. Die Duftsorten reichen hier von Weihrauch (Mmh) und Tanne (Mmh+) über Bratapfel, Zimt und Vanille (nun ja) bis Cocos (abartig), Caffè Latte (noch abartiger), Cannabis (noch abartiger+) und Grüner Tee (am abartigsten).

Wahre Räucherfreunde würden ihre Männl jedoch niemals mit etwas anderem füttern als Tanne oder Weihrauch – auch nicht mit den „bunten Duftkegeln“ der Traditionsmarke Knox in der „Ostalgie Retroverpackung“. Die Firma Huss hingegen bietet in ihrer Schauwerkstatt im sächsischen Sehmatal-Neudorf die Möglichkeit, sich seine „Weihrichkarzle“ aus gemahlener Holzkohle und gekochter Kartoffelstärke mit der eigenen Lieblingsduftnote selbst herzustellen.

Anders als von Räucherkerzenfabrikanten zur Absatzsteigerung behauptet, gehört das Räuchermännchen ausschließlich in die Winterszeit – und nicht etwa zur Insektenabwehr auf den Campingtisch. Sommer, Sonne, Weihnachtsduft? No way! Wie aller Weihnachtsschmuck aus dem Erzgebirge gilt auch für Räuchermännchen die eiserne Regel: erst nach Totensonntag! An Dreikönig, spätestens aber zu Mariä Lichtmeß am 2. Februar, geht’s für die Räuchis wieder zurück in die Kiste und ab auf den Dachboden oder in die Garage. In der Zeit dazwischen aber gibt es getreu der Devise „Viel hilft viel“ nur ein Gebot: Feuer frei!

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Anmerkung der Redaktion: Der Autor dieser Zeilen hat hierfür weder einen Lohn vom Kunsthandwerk aus dem Erzgebirge noch von diversen Räucherkerzenherstellern erhalten. Vielmehr schrieb er sie aus der tiefen Überzeugung, daß Räuchern der einzig wahre Weg zu einer besseren Welt ist.

Räuchermännchenproduktion der KWO, Raachermannel in Aktion Fotos: dpa; Montage: JF
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