STUTTGART. Der baden-württembergische Kultusminister Andreas Stoch (SPD) hat den Kritikern des Bildungsplan ihre Daseinsberechtigung abgesprochen. „Es gibt offensichtlich Menschen, die ein Interesse daran haben, Konflikte zu schüren, weil sie ein grundsätzliches Problem mit gesellschaftlichen Veränderungen haben“, sagte Stoch gegenüber der Wochenzeitung Kontext. Die Bewegung „arbeitet mit Unterstellungen und wirft der Regierung vor, sie wolle die Schüler umerziehen“, behauptete der Sozialdemokrat.
Hintergrund ist eine Online-Petition gegen den Entwurf eines neuen Bildungsplans in Baden-Württemberg, die von knapp 200.000 Personen unterzeichnet wurde. Die Kritiker werfen den Machern des Bildungsplans vor, Kinder hier im Sinne einer homosexuellen Ideologie vereinnahmen zu wollen. „Quatsch“ nannte Stoch, der dem Bundesland seit 2013 als Kultusminister vorsteht, diese Vorbehalte. „Wir wollen keine Veränderung der Sexualmoral herbeiführen.“ Die Vorwürfe seien „so absurd, daß man schon fast darüber lachen kann“.
Kritiker würden Kinder erst mit dem Thema konfrontieren
Umgekehrt warf Stoch den Kritikern vor, Kinder erst durch diese überflüssige Diskussion mit dem Thema zu konfrontieren. Er fände es schwierig, „wenn Eltern Diskussionen zu gesellschaftlichen Fragen anzetteln, die die Kinder gar nicht wollen“. Insbesondere beklagte Stoch die religiöse Dimension der Debatte. „Das finde ich anmaßend, wenn sich Menschen ein Urteil darüber erlauben, was Gott segnen würde und was nicht.“ Er wolle dagegen an den Schulen ein Klima schaffen, in dem Homosexualität „endlich als Lebenswirklichkeit anerkannt wird“.
Trotz des großen Echos der Bildungsplangegner sieht Stoch noch keinen „gesellschaftlichen Rollback“ in Baden-Württemberg. „Diese Stammtischdebatten hatten wir schon immer. So läuft es immer, wenn für komplexe Vorgänge einfache Erklärungsmuster gesucht werden.“ Auf Internetportalen würde sich „eine unselige Melange aus Ressentiments und chauvinistischen Gedanken“ sammeln. Die Bildungsplangegner seien für ihn „noch kein Beleg dafür, daß Baden-Württemberg kein weltoffenes Land wäre“.
Der 44 Jahre alte Sozialdemokrat ist Vater von vier schulpflichtigen Kindern, die allerdings auf eine private Waldorfschule gehen. (FA)