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Bildung: Das Pisa-Paradox

Bildung: Das Pisa-Paradox

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Schüler eines deutschen Gymnasiums: Aufstiegswillige Einwanderer haben das Problem besser erkannt Foto: picture alliance / dpa
Bildung
 

Das Pisa-Paradox

Zu Beginn des Schuljahres ließ eine Klage von Eltern dreier türkischer und arabischer Schüler aufhorchen: Ihre Sprößlinge hätten an einem Neuköllner Gymnasium das Probejahr nur deshalb nicht geschafft, weil in ihrer Klasse zwei Drittel der Kinder nichtdeutscher Herkunft gewesen seien. Aufstiegswillige Einwanderer haben das Problem besser erkannt als unsere zuständigen Politiker. Ein Kommentar von Michael Paulwitz.
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Die miserablen schulischen Leistungen von Kindern bestimmter Einwanderergruppen sind der sprichwörtliche weiße Elefant, der bei jeder bildungspolitischen Debatte zuverlässig mit im Raum steht. Beim Namen genannt wird er allenfalls, wenn Debattenteilnehmer „mit Migrationshintergrund“ das Tabu-Problem selbst ansprechen. Jede darüber in Gang gesetzte Diskussion zerfasert allerdings regelmäßig in sozialpädagogischen Forderungskatalogen an Staat, Gesellschaft und Schulsystem und drückt sich um die Kernfrage: welche Einwanderer Deutschland braucht und welche es ins Land läßt.

Zu Beginn des Schuljahres ließ eine Klage von Eltern dreier türkischer und arabischer Schüler vor dem Berliner Verwaltungsgericht aufhorchen: Ihre Sprößlinge hätten an einem Neuköllner Gymnasium das Probejahr für den Übertritt – in Berlin ist das die siebte Jahrgangsstufe – nur deshalb nicht geschafft, weil in ihrer Klasse zwei Drittel der Kinder nichtdeutscher Herkunft gewesen seien. Die „irrste Klage des Jahres“ nannte das der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD); das Gericht erinnerte die klagefreudigen Eltern an die Selbstverständlichkeit, daß zunächst einmal jeder Schüler für seine Fünfen selbst verantwortlich sei.

Natürlich wissen auch Buschkowsky und die Berliner Verwaltungsrichter, daß hohe Anteile nicht leistungsbereiter oder nicht leistungsfähiger Schüler das Niveau einer Schulklasse so weit absenken können, daß die Bildungschancen der übrigen darunter leiden. Durch Klagen läßt sich das allerdings kaum abstellen, der Gang zum Kadi der Neuköllner Eltern verriet mehr über deren Selbststilisierung als ewiges Opfer der anderen und der Gesellschaft denn über tieferes Problembewußtsein.

„Migranten wünschen sich Schulklassen ohne Migranten“

Die paradoxen Schlagzeilen setzten sich Anfang dieses Monats fort. „Migranten wünschen sich Schulklassen ohne Migranten“, kommentierte der Focus die Ergebnisse einer Studie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf im Auftrag von Vodafone-Stiftung und Stiftung Mercator. „Viele Migranten beklagen, daß ihre Kinder geringere Chancen in der Schule haben, weil in den Klassen zu viele Kinder mit Migrationshintergrund sind“, ließ sich Projektleiterin Meral Cerci vernehmen. Eltern von Kindern der restdeutschen Minderheit an Brennpunktschulen führen diese Klage seit Jahr und Tag, allerdings ohne vergleichbare Aufmerksamkeit zu finden. Sie ziehen auch nicht in aussichtslose Gerichtsverfahren, sondern wechseln, sofern es ihnen möglich ist, auf dem Wege der heimlichen Flucht lieber Wohnort und Schule.

Das zeitgleiche Bekanntwerden der Ergebnisse der Düsseldorfer Studie „Bildung, Milieu, Migration“ gab in diesem Jahr sogar der rituellen Pisa-Debatte eine andere Richtung. Deutschland liege vor allem deswegen im internationalen Schulvergleich nicht an der Spitze, weil es hierzulande nun mal mehr Einwanderer gebe als in Finnland oder Südkorea, konstatierte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands Josef Kraus nüchtern bei der Präsentation vor der Bundespressekonferenz. Das heißt: Der „hohe Anteil von Migranten an Deutschlands Schulen“ zieht das Leistungsniveau insgesamt nach unten. Und es sind nicht Kinder aus EU-Ländern oder Ostasien, die den Schnitt drücken, sondern „Kinder aus der Türkei, den arabischen Ländern und aus dem ehemaligen Jugoslawien“ sowie, als Ausnahme unter den EU-Europäern, italienische Kinder.

Die Herkunft ist also ein entscheidender Faktor, zusammen mit der Mentalität, dem Willen und der inneren Einstellung zum schulischen Erfolg. In Singapur oder Taiwan, die Deutschland auch diesmal wieder im Schulvergleich abgehängt haben, sind nicht nur die Einwandererquoten bedeutend geringer, sie werben auch bevorzugt stammverwandte Festlandchinesen an – Hongkong und Shanghai belegen im Pisa-Vergleich die Spitzenplätze. Dagegen stammt Deutschlands größte Einwanderergruppe nach wie vor aus der Türkei, die im unteren Drittel der Pisa-Rangtabelle zu finden ist, auf Platz 44 von 65.

Einwanderungswillige streng nach Kriterien auswählen

Auch mit noch so vielen Milliarden für die „frühkindliche Bildung von Migrantenkindern“, Krippenprogramme und „Sprachförderung für ausländische Kinder schon im Kindergarten“ wird sich dieses Defizit nicht ausgleichen lassen. „Noch ist das Anerziehen hoher Mathematikkompetenz durch Kollektivierung der Jüngsten nirgendwo gelungen“, kommentierte kürzlich der Ökonom Gunnar Heinsohn die stereotypen Versuche deutscher Bildungspolitiker und Verbandsfunktionäre, mit den immer gleichen untauglichen Mitteln an den Symptomen der selbstverschuldeten Einwanderer-Bildungsmisere herumzudoktern. Wahrscheinlicher ist, daß der grassierende Bildungssozialismus samt Krippen-, Ganztags- und Gemeinschaftsschulideologie auch noch die intakten bildungsbewußten Milieus bei den autochthonen Deutschen beschädigt.

Erfolgversprechender wäre es, Einwanderungswillige streng nach den Kriterien Bildungsstand, Leistungs- und Assimilationsbereitschaft auszuwählen – so wie das echte Einwanderungsländer tun, von denen unsere politische Klasse so gerne schwärmt, während sie das Gegenteil tut und durch Europäisierung unserer Sozialsysteme zum mißbräuchlichen Zuzug in dieselben geradezu einlädt. Der Anteil jener Einwanderer, die diese Voraussetzungen nicht mitbringen, ist zu hoch. Aufstiegs- und anpassungswillige Einwanderer haben das längst erkannt, nur die zuständigen Bildungs- und Innenpolitiker nicht. Darin liegt der tiefere Grund der Misere.

JF 51/13

Schüler eines deutschen Gymnasiums: Aufstiegswillige Einwanderer haben das Problem besser erkannt Foto: picture alliance / dpa
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