MÜNCHEN. Salzgitter liegt mit dem Auto mehr als 600 Kilometer von München entfernt. Doch dort hat die Direktorin des Bayerischen Rundfunks (BR), Birgit Spanner-Ulmer, einen ihrer attraktiven Nebenjobs. Sie sitzt im Aufsichtsrat des Stahlkonzerns Salzgitter AG.
Insgesamt hat die ARD-Funktionärin Nebeneinkünfte von mehr als 500.000 Euro angehäuft. Dabei erhält sie beim Bayerischen Rundfunk mit 266.000 Euro im Jahr ohnehin schon deutlich mehr als der Ministerpräsident des Freistaats (205.000 Euro).
Wie unabhängig kann eine Direktorin bei solch hohen Nebeneinnahmen noch sein? Diese Frage stellt sich spätestens seit vergangener Woche, als der Bayerische Rundfunk in einer Dokumentation über Wasserstoff als neuen Energieträger als Positivbeispiel die Salzgitter AG hervorhob. Von diesem Konzern hat die 60jährige seit April 2016 nach Recherchen der Welt am Sonntag 440.000 Euro erhalten. Zuletzt seien es 68.500 Euro im Jahr gewesen.
ARD-Anstalt in finanzieller Schieflage
Der BR ist als viertgrößte Anstalt der ARD trotz enormer Gebühreneinnahmen in schwere finanzielle Schieflage geraten. Es fehlen 465 Millionen Euro. Selbst dem Rechnungshof war das zu viel. Er hat die Staatsfunker gerade kürzlich erst deutlich zum Sparen aufgefordert. Spanner-Ulmer hatte schon zuletzt für Negativ-Schlagzeilen gesorgt, weil sie sich zwei Dienstwagen mit zwei Fahrern bezahlen läßt.
Für die Genehmigung ihrer Nebentätigkeiten war zunächst der frühere Sprecher der Merkel-Bundesregierung und spätere BR-Intendant Ulrich Wilhelm verantwortlich, aktuell die seit anderthalb Jahren amtierende Intendantin Katja Wildermuth (Jahresgehalt: 340.000 Euro).
Pikanterie am Rande: Spanner-Ulmer ging angeblich deswegen in den Aufsichtsrat der Salzgitter AG, weil der Stahlkonzern die gesetzlich eingeführte Frauenquote für börsennotierte Unternehmen erfüllen mußte. Seitdem reist sie regelmäßig quer durch die Republik, um in Niedersachsen ihr Mandat wahrzunehmen.
Weitere bezahlte Nebentätigkeiten
Dafür sollte sie Urlaubstage abbauen, erklärt Wilhelm heute. Ob dies auch so gehandhabt wurde, wollte der Sender nicht konkret beantworten. Es hieß lediglich, sie nehme die Sitzungstermine „außerhalb ihrer Arbeitszeit beim BR wahr“. Aufgrund des Drucks, unter dem die ARD nach diversen Skandalen steht, entschloß sich Spanner-Ulmer nun, ihr Mandant künftig niederzulegen. Bis Mai 2023 will sie dort aber noch kräftig verdienen. Intendantin Wildermuth begrüße die „persönliche Entscheidung von ihr“, heißt es.
Die hochdotierte Führungsposition bei der ARD-Anstalt läßt Spanner-Ulmer aber noch Zeit für weitere bezahlte Nebentätigkeiten. So gehört sie dem Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft an, wofür sie 1000 Euro pro Teilnahme an einer Sitzung und eine weitere Jahrespauschale von 6500 Euro kassiert.
Darüber hinaus erhält sie als Vorsitzende des Aufsichtsrats der Bavaria Studios & Production Services GmbH seit August 2019 rund 43.000 Euro im Jahr. Die Firma ist ein wichtiger Dienstleister für den BR und die gesamte ARD. (fh)