Wie alle Sektierer fallen Antifaschisten, Autonome und sonstige Antideutsche durch jenen autoritären Charakter auf, den die BRD-Masse nach 1968 verloren haben soll. Blockwartsdenken, Gesinnungsschnüffelei, Schurigler- und Denunziatentum, und was sonst die Heimeligkeit im Totalitären befördert, stehen bei denen noch im Kurs, die fortwährend Brandmauern und Eisenbahnbrücken mit Keine Macht für niemand besprühen. Der Bremer Architekturhistoriker und Verleger Nils Aschenbeck kann davon ein Liedchen singen. Als 1993 das erste Heft seiner Archicultura, der Zeitschrift für die nationalen Kulturen Mitteleuropas, erschien, war die lokale VVN zur Stelle. Wegen einer positiven Besprechung in dieser Zeitung – allen Ernstes auch, weil Aschenbeck als Leser Ernst Jüngers dingfest gemacht wurde – nahmen die Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschischten die Verfolgung auf. Alle Verlage und Zeitungen, in denen Aschenbeck damals publizierte, wurden anonym angeschrieben und aufgefordert, ihn fortan nicht mehr zu beschäftigen. Berufsverbot wegen Ernst-Jünger-Lektüre … Die letztlich erfolglosen VVN-Sykophanten haben zwar Aschenbeck persönlich nicht geschadet, doch mittelbar dazu beigetragen, daß die Leserschaft auf das zweite, ohne Untertitel erscheinende Bändchen der Architectura fünfzehn Jahre warten mußte. Der Wegfall dieses leitmotivischen Untertitels ist der nun hoffentlich nicht erst 2023 wieder präsenten Zeitschrift bei ihrem zweiten Auftritt nicht gut bekommen, obwohl der Herausgeber versucht hat, ihr mit dem Thema Identität und Flucht eine neue Klammer zu geben. Den 85 Seiten umfassenden, heterogenen Inhalt faßt sie nicht. Der fast die Hälfte bestreitende Hauptbeitrag Lena Kornyeyevas über den russischen Neoautoritarismus ist vor allem ein konventionelles Stück Kreml-Schelte, vermischt mit einigen völkerpsychologischen Deutungsbemühungen über den slawischen Anarchismus, der nach autoritärer Bändigung lechze. Es folgen ein Auszug aus den 1929 veröffentlichten Rußland-Impressionen Geert Koch-Wesers sowie die ein wenig nach Kempowski-Manier komponierte, gleichwohl meisterhafte Kaukasus-Collage des 1996 verstorbenen Tübinger Staatsrechtlers Roman Schnur, der den Gebirgsaufenthalt des Malers und Stalin-Adoranten Heinrich Vogelers im Herbst 1940 am Elbrus schildert. Dessen Eindrücke konstrastiert Schnur mit denen der uniformierten Besucher, die 1942 dort vorbeischauten und die Reichskriegsflagge aufpflanzten. Aschenbecks Hüttenbilder am Vorabend des Krieges, die sich mit den einsiedlerischen Zügen im Werk der beiden großen Diaristen Harry Graf Kessler und Ernst Jünger befassen – Autoren, die sonst wenig miteinander gemein haben -, beschließen die Archicultura. Das Bändchen schmücken fünf Bilder des georgischen Künstlers Gogi Gelantia. Das schönste ist Der große Fisch, den man über die Galerie Nehring&Stern in Bad Doberan erwerben kann – wenn er nicht schon verkauft ist! Archicultura, Heft 2, Aschenbeck Verlag, Finkenschlag 16, 28759 Bremen, Internet: www.aschenbeck.net