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Die Tugend der Diskriminierung

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Im freiesten Staat der deutschen Geschichte hat die Obrigkeit in Gestalt der rot-grünen Regierung soeben verfügt, daß Diskriminierung fürderhin eine ungesetzliche Handlung darstelle. Rot-Grün folgt damit einem Dekret aus Brüssel, geht aber in antidiskriminatorischem Furor noch wesentlich über die EU-Vorgaben hinaus. Zwar ist das rot-grüne Antidiskriminierungsgesetz von der Opposition im Bundesrat aufgehalten worden. Doch auch die voraussichtlichen schwarz-gelben Nachfolger der rot-grünen Obrigkeit werden ein Antidiskriminierungsgesetz verabschieden, wenn auch in abgeschwächter Form. Damit werden in Deutschland Verhältnisse wie in Amerika wahrscheinlich, wo die Obrigkeit das soziale und wirtschaftliche Verhalten von Privatpersonen peinlich auf Anzeichen von Diskriminierung durchleuchtet. Das Thema bedarf einer grundsätzlichen Untersuchung. Erste fundamentale These: Diskriminierung ist unumgänglich. Wenn ich mit Hans und Franz, Jutta und Karin ausgehe, diskriminiere ich Peter und Paul, Ilse und Elisabeth. Wenn ich bei Spar einkaufe, diskriminiere ich Edeka. Wenn ich heute Spargel esse, diskriminiere ich Bohnen und Erbsen. Wenn ich nach Österreich in die Ferien fahre, diskriminiere ich die Schweiz und die Karibik. Handeln heißt wählen; wählen heißt, eins dem anderen vorziehen; und eins dem anderen vorziehen, heißt unterscheiden, diskriminieren. Es ist unmöglich, nicht zu diskriminieren. Die Frage ist nicht: „Ist es richtig zu diskriminieren?“, sondern immer: „Wie und wen/was soll ich diskriminieren?“ Insbesondere ist die Frage grundlegend: Soll ich dabei mein eigenes Unterscheidungsvermögen einsetzen und aus den eigenen Fehlern lernen, oder muß ich mir meine Unterscheidungen und Urteilskorrekturen von anderen – Politikern und Richtern – diktieren lassen? Privateigentum ermöglicht Vermeidung von Konflikten Die Institution des Privateigentums, so eine zweite fundamentale These, ist der Ausdruck reinster Diskriminierung und zugleich Grundlage individueller Freiheit. Diskriminierung ist nicht nur unumgänglich. Diskriminierung – einen diskriminierenden Geschmack zu haben – ist sogar eine Tugend. Es ist nichts Geringeres als die Voraussetzung von Freiheit und Zivilisation. Seit der Vertreibung aus dem Paradies leben die Menschen im „Reich der Knappheit“. Es gibt weniger Güter, als zur Befriedigung aller unserer Bedürfnisse erforderlich sind. Deshalb kann es zu Konflikten kommen. Das Interesse zweier oder mehrerer Personen richtet sich auf dieselben Güter. Ihre Auffassungen darüber, was mit diesen Gütern geschehen soll, sind unvereinbar. Dann liegt ein Konflikt vor, und um solche Konflikte möglichst zu vermeiden, kommt es – als der wohl größten „Erfindung“ der Menschheit – zur Ausbildung der Institution des Privateigentums. Die Institution des Privateigentums als Lösung des Problems von Konflikten angesichts knapper Güter ist Ausdruck einer Diskriminierung. Ich, nicht du, bin der Eigentümer dieses Gutes; und du, nicht ich, bist Eigentümer jenes Gutes. Ich habe exklusive Verfügungsgewalt über dies und du über das. Ich kann frei, ohne deine Zustimmung, entscheiden, wie ich mein Eigentum verwende; und du entscheidest, unabhängig von mir, was du mit deinem Eigentum anstellst (natürlich nur solange, wie beide durch ihre voneinander unabhängigen Entscheidungen die physische Integrität des Eigentums des jeweils anderen nicht verletzen). Insbesondere darf ich dich von der Verwendung meines Eigentums ausschließen oder darf die Voraussetzungen festlegen, unter denen dir eine Nutzung meines Eigentums gestattet ist; und du hast dieselben Rechte hinsichtlich deines Eigentums. Während Privateigentum die Vermeidung von Konflikten ermöglicht, erhöht Gemeineigentum die Wahrscheinlichkeit von Konflikten. Sind wir beide, du und ich, Eigentümer ein- und derselben Sache und gibt es zwischen uns keine perfekte Interessenharmonie (was bekanntlich schon unter Ehepaaren selten genug der Fall ist), dann liegt ein Konfliktfall vor. Zwei oder mehr unterschiedliche Interessen bezüglich eines Gegenstandes können nicht gleichzeitig umgesetzt werden. Entweder siegt deine Meinung, und ich bin der Verlierer; oder ich siege, und du verlierst. Wir können nicht beide frei und unabhängig voneinander handeln. Immerhin können wir uns aber trennen bzw. scheiden, indem wir unseren jeweiligen Eigentumsanteil veräußern. Auch diese Möglichkeit der Trennung entfällt, und Konflikte werden unausweichlich und permanent, wenn knappe Güter sich im „öffentlichen Eigentum“ befinden, wie etwa Straßen, Schulen, Parks und ähnliches. Angeblich sind wir alle die Eigner dieser Güter, doch da niemand einen veräußerbaren Anteilsschein an ihnen besitzt, ist es tatsächlich immer der Staat, der die Kontrolle über diese Güter ausübt und somit als „Eigentümer“ anzusprechen ist. Du und ich haben divergierende Interessen bezüglich „öffentlicher Güter“. Beispielsweise möchtest du auf der Straße Autofahren, ich aber möchte zur gleichen Zeit eine Demonstration dort abhalten. Aber weder du noch ich können entscheiden, was tatsächlich geschieht, noch können wir uns von „unserem Eigentum“ effektiv, durch Verkauf trennen. Angesichts der Existenz öffentlicher Güter ist Konflikt deshalb unumgänglich, die nominellen Eigner solcher Güter werden sich darum schnell und gründlich hassen lernen. Antidiskriminierungsgesetze bedeuten letztlich nichts anderes als die „Ver-öffentlichung“ des Privateigentums und setzen damit einen Prozeß der Entzivilisierung in Gang. Mit der Verabschiedung von Antidiskriminierungsgesetzen entzieht der Staat Privateigentümern das im Konzept des Privateigentums enthaltene Ausschlußrecht. Er enteignet sie, indem er privates Eigentum „veröffentlicht“. Der Staat untergräbt damit die persönliche Freiheit. Er macht uns zunehmend schutzlos, schürt Konflikt, und fördert unnormales, unzivilisiertes Benehmen. Erzwungene Integration statt freier Assoziation Antidiskriminierungsgesetze sorgen dafür, daß Arbeitgeber nicht mehr einstellen und entlassen dürfen, wen sie wollen, daß Vermieter sich ihre Mieter nicht länger frei aussuchen dürfen, daß Verkäufer nicht mehr bestimmen können, an wen sie ihre Waren oder Dienstleistungen verkaufen, daß es privaten Vereinigungen nicht mehr gestattet ist, sich beliebige, ihren Mitgliedern vorteilhaft erscheinende Satzungen zu geben, daß es Banken und Versicherungen nicht mehr erlaubt ist, zwischen höheren und niedrigeren Kredit- und Versicherungsrisiken zu unterscheiden, usw. Anstelle von freier Assoziation tritt erzwungene Integration. Das Recht auf Ausschluß ist ein elementares Schutzrecht. Wenn ich nicht mehr von meinem Eigentum beliebig ausschließen darf, dann bin ich buchstäblich vor nichts mehr sicher. Einst hieß es: „My home is my castle“. Antidiskriminierungsgesetze sorgen dafür, daß wir nicht mal im eigenen Haus mehr Herr sind. Nicht Privateigentümer, sondern der Staat bestimmt von nun an, wer in privaten Firmen, Gaststätten, Klubs, ja Haushaltungen ein- und ausgehen und dort tun und lassen darf. Die Folgen einer staatlich verordneten Politik erzwungener Integration sind voraussehbar und inzwischen auch unübersehbar und allgegenwärtig. Andere Menschen von seinem Eigentum ausschließen zu dürfen, ist das Mittel, mit dem man verhindern kann, daß einem Böses oder als unangenehm Erachtetes widerfährt. Durch Ausschluß kann ich mich vor schlecht erzogenen, faulen, unzuverlässigen, lauten, respektlosen, verantwortungslosen, verlotterten, kurz: von mir als abschreckend und übel erachteten Schülern, Lehrlingen, Studenten, Angestellten, Mietern, Kunden, Gästen usw. schützen. Erzwungene Integration bzw. Nicht-Diskriminierung dagegen begünstigt und züchtet schlechtes Benehmen und schlechten Charakter. In zivilisierter Gesellschaft ist der höchste zu zahlende Preis für Fehlverhalten der Ausschluß. Rundum unerzogene oder üble Charaktere werden sich schnell von allem und jedem ausgeschlossen finden und zu Ausgestoßenen werden, abseits der Zivilisation. Dies ist ein hoher Preis, und darum ist die Häufigkeit solchen Benehmens normalerweise gering. Wenn man jedoch daran gehindert wird, andere von seinem Eigentum zu verstoßen, wann immer man ihre Anwesenheit für unerwünscht hält, werden schlechtes Benehmen, Fehlverhalten und rundweg üble Charaktere ermutigt. Statt isoliert und an den Rand der Gesellschaft verdrängt zu werden, wird ihr unerfreuliches Verhalten immer öfter und stärker zur Schau gestellt. Sämtliche soziale Beziehungen – ob im privaten oder im Geschäftsleben – werden zunehmend rücksichts- und respektloser, egalitär und unzivilisiert. Darum kann die Schlußfolgerung nur lauten: Wenn man die Zivilisation bejaht, müssen die Antidiskriminierungsgesetze lautstark und vehement bekämpft werden. Und als ersten Schritt in dieser Richtung sollte man den Urhebern dieser Gesetze sagen: Politiker unerwünscht! Prof. Dr. Hans-Hermann Hoppe , Autor des Bestsellers „Demokratie: Der Gott der keiner ist“, lehrt Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Nevada in Las Vegas.

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