Es waren vor allem zwei Filme, die den jugendlichen Kinofan Roman Polanski tief beeindruckten und sein späteres Werk beeinflußten: Laurence Oliviers „Hamlet“ und Carol Reeds „Ausgestoßen“. Wie in diesen beiden düsteren Werken spielt auch in allen Filmen Polanskis – mit der einzigen Ausnahme seines ersten Films „Das Messer im Wasser“ – das verwundbare Individuum in seinem verzweifelten Kampf gegen eine feindliche Umwelt, den es schließlich verlieren muß, die zentrale Rolle: In „Ekel“ ist es Catherine Deneuve, in „Wenn Katelbach kommt“ Donald Pleasance, in „Tanz der Vampire“ Polanski selbst, in „Rosemaries Baby“ Mia Farrow, in „Macbeth“ Peter Finch, in „Was?“ Sydne Rome und in „Chinatown“ Jack Nicholson. Dabei spielt es keine Rolle, ob die „feindliche Umwelt“ nun real, fiktiv oder imaginär ist – wichtig ist, daß Polanskis Protagonisten ihre jeweils aus einem kleinen Kreis von Personen und Schauplätzen bestehende Umwelt als subjektiv feindlich empfinden und an ihr zugrunde gehen. Nur Sydne Rome gelingt in „Was?“ die Flucht, doch wird ihr bezeichnenderweise noch nachgerufen, daß sie sowieso nur in einem Film mitgespielt habe, womit ihre Daseinsberechtigung als solche in Frage gestellt wird. Das Schicksal seiner Mutter, die in einem KZ umkam, und das Ende seiner Frau Sharon Tate, die den Manson-Morden zum Opfer fiel, lassen keinen Zweifel daran, daß die Filme Polanskis sehr persönlich sind und keiner Masche folgen. Darum verwunderte es auch nicht, daß Polanski 1976 in „Der Mieter“, einem Schlüsselwerk, das völlig mißverstanden wurde, selbst die Titelrolle spielte, die eine neue bemerkenswerte Variante des psychisch labilen, von Verfolgungswahn gequälten Typus war, wie man ihn schon aus seinen früheren Filmen kannte. Selten noch wurde der psychische Verfall eines Menschen konsequenter und einsichtiger filmisch realisiert. Nach dem Flop „Tess“ (1979) mit seiner damaligen, siebzehnjährigen Freundin Nastassja Kinski versuchte er sich als Theaterregisseur und inszenierte Bergs „Lulu“, Verdis „Rigoletto“ und „Hoffmanns Erzählungen“. Seine Inszenierung von Peter Shaffers „Amadeus“ wurde sehr erfolgreich in Warschau und Paris aufgeführt. Erst 1986 wagte er nach einer schöpferischen Auszeit wieder einen Film zu drehen, aber „Piraten“ erwies sich trotz guter Kritiken als kommerzieller Mißerfolg. Mit „Frantic“ (1988), einer Hommage an Altmeister Alfred Hitchcock, gelang ihm jedoch ein Jahr später erneut ein Kassenknüller. Nach der Sex-Grausamkeit „Bitter Moon“ (1992) mit seiner jetzigen Frau Emmanuelle Seigner folgten das Drama „Der Tod und das Mädchen“ und der Fantasy-Thriller „Die neun Pforten“. 2002 kam „Der Pianist“ in unsere Kinos, der ihm einen Oscar für die beste Regiearbeit bescherte. Am 18. August feiert der Regisseur seinen 70. Geburtstag.
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