Mit heftiger Kritik haben feministische Verbände in Frankreich auf ein neues Gesetz zur „fahrlässigen Abtreibung“ reagiert. Das mit den Stimmen der regierenden konservativen Koalition letzte Woche verabschiedete Gesetz sieht Gefängnisstrafen von einem Jahr und 15.000 Euro Geldstrafe für denjenigen vor, der „in fahrlässiger Weise“ eine Schwangerschaft beendet. Ziel der Neuregelung sei, argumentieren die Befürworter, in erster Linie Verursacher von Unfällen zu bestrafen, bei denen Schwangere ihre Ungeborenen verlieren. Dagegen sehen linke Parlamentarier eine gefährliche Neudefinition der Rechte des Fötus. Das neue Gesetz könne zu einer Aushöhlung des seit 1975 bestehenden „Rechts auf Abtreibung“ führen, kritisierte die Opposition. Hintergrund des neuen Gesetzes ist ein Urteil des Pariser Kassationsgerichts aus dem Jahr 2001. Da ein Fötus nicht als Person zu betrachten sei, argumentierten die Richter damals, könne auch die fahrlässige Tötung in einem Unfall nicht als Totschlag geahndet werden. Daraufhin sollte das entstandene juristische Vakuum ursprünglich gefüllt werden, indem das Delikt „fahrlässige Abtreibung“ in einem Gesetzespaket zur Verkehrssicherheit eingebracht werden sollte. Da sich der Senat, die zweite Kammer des französischen Parlaments, dagegen sträubte, ist es nun in einem Gesetzesbündel von Justizminister Dominique Perben zur Schwerkriminalität enthalten. Neben Unfallverursachern kann der neue Straftatbestand auch Ärzte und Krankenhauspersonal betreffen. In den Augen der linken Opposition ist die Neuregelung nur Auftakt zu einer verschärften Abtreibungspolitik der Konservativen. Catherine Génisson beklagte im Namen der Sozialisten, in Zukunft stünde „das Recht der Frauen, über die Mutterschaft zu bestimmen“ auf dem Spiel. Für diese Befürchtung gibt es jedoch wenig Anlaß. Explizit heißt es im Gesetz, die Neuregelung dürfe nicht dazu benutzt werden, „Frauen an ihrem Recht auf Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs zu hindern“. Nach Angaben des (abtreibungsfreundlichen) amerikanischen Alan Guttmacher Institute liegt die Zahl der jährlichen Abbrüche pro Frau in Frankreich im westeuropäischen Vergleich im obersten Drittel. Während der Studie aus dem Jahr 2002 zufolge auf 1.000 Frauen im gebärfähigen Alter in Deutschland 7,7 Abtreibungen gemeldet wurden, waren es in Frankreich 13,3. Lediglich Länder mit noch liberalerem Abtreibungsrecht wie Dänemark, Norwegen und Schweden wiesen relativ höhere Abbruchraten auf.