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"Coruscating" (ECM Records 1702) heißt die neue Einspielung des britischen Saxophonisten John Surman, die bei der Münchner Plattenfirma ECM erschienen ist. Daß sich Surman ganz dem Jazz verschreiben würde, war zu Beginn seiner Karriere, als er zunächst als Rockmusiker reüssierte, nicht absehbar. Erst in den späten siebziger Jahren wandte er sich dem Jazz zu, dem er seinen eigenen Stempel aufdrückte. Seine Musik oszilliert zwischen sphärischer Meditation und freien Formen. Etwa 15 Platten hat der Multistilist inzwischen aufgenommen, bei unzähligen anderen Produktionen hat er mitgewirkt. "Coruscating" ist kammermusikalisch geprägt: Chris Laurence (Bass), John Surman (Saxophone und Klarinetten) sowie das klassische Streichquartett "Trans4mation" bieten vor allem Zeitgenössisches. Surmans wie immer sehr meditativ angelegten Stücke öffnen Räume für Bilder und Assoziationen. Die klassisch daherkommenden Arrangements sind aufwendig inszeniert und werden durch elegante Improvisationen von Surman und Laurence ergänzt. John Surmans Musik ist komplex, verharrend und progressiv, vermittelt spielerische Leichtigkeit und düstere Schwere.

Erstaunliche Dimensionen hat die Wiederaufnahme-Politik der kalifornischen Fantasy-Gruppe angenommen. Unter dem Namen OJC (Original Jazz Classics) firmieren legendäre Jazzlabels wie Contemporary, Debut, Pablo, Prestige und Riverside, um nur die wichtigsten zu nennen. In Deutschland werden die Wiederaufnahmen der Fantasy-Gruppe von der Merenburger Plattenfirma ZYX-Music vertrieben. So auch der Miles-Davis-Klassiker "Blue Moods", eine 1955er Session mit Charles Mingus (Bass), dem großartigen Vibraphonisten Teddy Charles sowie Britt Woodman an der Posaune und Elvin Jones am Schlagzeug. Diese Zusammensetzung blieb in Davis’ Karriere allerdings die Ausnahme. Nur einige Monate später formierte sich das legendäre Miles Davis Quintet mit John Coltrane, das für wesentlich mehr Schlagzeilen sorgte. Das mindert den Wert von "Blue Moods" allerdings in keiner Weise. Keiner examiniere das Problem der menschlichen Einsamkeit so wie Miles Davis, urteilte einmal ein Kritiker über dessenTrompetenspiel. "Blue Moods" dokumentiert die Berechtigung dieses Urteils.

Sechzehn Jahre ist es her, daß der Schauspieler Bruno Ganz Hölderlin-, Celan- und Char-Gedichte rezitierte. Jetzt hat er mit "Wenn Wasser wäre" eine neue Rezitations-Aufnahme für die Plattenfirma ECM (ECM New Series 1723) vorgelegt. Rezitiert werden Gedichte des griechischen Lyrikers und Nobelpreisträgers Giorgios Seferis sowie T.S. Eliots epochale Dichtung "Das wüste Land". Dichtung und Musik werden auf dieser bemerkenswerten CD zu einem lebendigen Dialog aus Klang, Melodie und Rhythmus verpflochten. Ganz rezitiert u. a. Seferis’ nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Zyklus "Die Drossel", Gedichte aus Seferis’ "Mythischem Lebensbericht" aus der Mitte der dreißiger Jahre und aus den 1966 publizierten "Geheimen Gedichten". Dazwischen mischen sich Stücke von Györgi Kurtág für Streichinstrumente (Keller-Quartett) und Klavier sowie eine Pianissimo-Passage aus Giya Kanchelis "Lament" und Nikos Xydakis’ Rembetiko-Tänze. Diese instinktsicher ausgewählte Musik schafft auf ihre Weise eine harmonische Verbindung zwischen den Worten. Ganz dokumentiert einmal mehr, daß er ein Meister der Sprechkunst ist. Man muß deshalb Bettina Erhardt recht geben, die in einer Rezension für die Süddeutsche Zeitung über Ganz feststellte: "Wie er T.S. Eliots und Seferis‘ Sprachgewalt und Sprachzartheit, ihre Lakonie und ihr Pathos, Erfahrungen von Ironie und Bosheit, Schuld, Angst und Sehnsucht in seine Worte faßt, wie er mit dem Atem interpunktiert und Phrasen in langen Sprechbögen zur Einheit zwingt … das alles erschließt sich bei jedem Hören neu und immer genauer." Keine Frage: "Wenn Wasser wäre" ist ein künstlerisches Ereignis ersten Ranges.

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