Die Haushalts- und Schuldenpolitik der USA hält nicht nur die amerikanischen Bürger in Atem. Inzwischen hat der Schuldenstand der USA sagenhafte 16,4 Billionen Dollar erreicht und somit mehr als die kompletten USA in einem Jahr erwirtschaften. Jährlich lassen die Amerikaner mehr neu anschreiben als Spanien Gesamtschulden aufweist. Auf die angespannte Situation hat die US-Politik keine Antworten mehr außer bizarren Lösungsvorschlägen wie dem einer Billion-Dollar-Platinmünze. Einmal geprägt und alle Schulden lösen sich auf, mag wohl der Vater dieses Gedankens sein.
Gleichzeitig wird das ein- oder aufgenommene Geld nicht für Zukunftsinvestitionen verwendet. Amerikas Infrastruktur ist fast hoffnungslos veraltet, wie unlängst Sturm „Sandy“ augenfällig ans Tageslicht transportierte. Jede vierte amerikanische Brücke ist instabil, ein gutes Sechstel der Dämme einsturzgefährdet. Die Straßen sind voller Schlaglöcher, die Flughäfen zu klein und die Kanalisation oft überlastet.
„Die Zeit“ schrieb im Oktober: „Noch immer gibt es Stromunternehmen, die ohne Informationen in Echtzeit arbeiten. Im Falle eines Stromausfalls können sie noch nicht einmal sagen, welche Haushalte nicht mehr am Netz sind. Ein Großteil der Leitungen verläuft noch oberirdisch auf Holzmasten. Das alles macht die Energieversorgung besonders anfällig für Wirbelstürme wie Sandy. Stürzt ein Baum auf ein Kabel, gehen schnell in einem ganzen Viertel die Lichter aus. Auch deshalb sind derzeit mehr als sieben Millionen Menschen ohne Strom.“
Verfall der Infrastruktur, ethnische Probleme, wenig Bildung
All dies deutet auf einen Abstieg der letzten verbliebenen Supermacht hin. Somit hätten sich die Sieger des 20. Jahrhunderts endgültig zu Verlierern geschrumpft. Alles war faktisch vergeblich. England und Frankreich verloren ihre Kolonialreiche und sind heute längst auf dem Weg zu innenpolitisch zerrissenen Mittelstaaten. Rußland wurde durch seine systembedingte Implosion faktisch auf das Territorium der Zeit vor Peter dem Großen zurückgeworfen. Es blieben allein die USA als Supermacht.
Nun scheint auch ihr Ende näherzurücken. Zum Verfall der Infrastruktur gesellen sich zunehmende ethnische Probleme, vor allem mit Latinos, soziale und mentale Verwahrlosung sowie ein niedriges durchschnittliches Bildungsniveau. Von kommenden Schwellenländern ist statt dessen die Rede, vor allem von China. Und es würde sich auch für die deutsche Politik, so sie denn souverän wäre, die Frage stellen, ob man nicht auf den Verfall des Hegemons reagieren könnte, statt mitgerissen zu werden. Ob man nicht also neue Freiheiten nutzen könnte, zum Beispiel um geopolitische Fühler in Richtung Rußland und China auszustrecken. Hierüber ließe sich trefflich diskutieren.
Allerdings ist die Geschichte offen und Totgesagte leben manchmal länger. Und so zeichnet sich eine Entwicklung ab, die die USA möglichenfalls retten könnte. Mit Hilfe der Fördermethode „Fracking“ will Präsident Obama die USA unabhängig von ausländischem Öl machen. Durch das hydraulische Frakturieren wird eine Mischung aus Sand, Wasser und Chemikalien in den Boden gepreßt, um dort gebundenes Schiefergas freizusetzen. Die so neu erschließbaren Ressourcen in den USA scheinen gigantisch.
Rettet sich das Imperium durch Schiefergas?
Umweltschützer warnen vor austretenden Giftstoffen, Ammonium, Chlor, Xylenen, die zu massiven gesundheitlichen Schäden führen können. Grundwasser und Böden könnten teils radioaktiv kontaminiert werden. Doch die Protestler dürften garantiert ignoriert werden, notfalls mit einer neuen Kampagne über „Ökospinner“ kaltgestellt. Zu viel steht auf dem Spiel. Und materialistische Systeme hatten noch nie Probleme damit, Lebewesen oder Landschaften auszubeuten und auszupressen, um ihren Profit und Lebensstil zu erhalten. Dies, zumal die konsumbedürftigen Massen das auch goutieren werden.
Landbesitzer, Gasindustrie und Bauunternehmer wittern jedenfalls schon Morgenluft. Ein Jobwunder könnte in Gang gesetzt werden, wenn sich die USA anschicken, zum weltgrößten Gasproduzenten aufzusteigen. Die USA könnten sich auf diese Weise finanziell sanieren, ihren Lebensstil aufrechterhalten und hätten außerdem noch das schlagkräftigste Militär und den Dollar als Leitwährung in den Händen.
Würde dieser Coup gelingen, wäre der Geschichte ein Schnippchen geschlagen worden. Das Imperium hätte die Krise überlebt und würde seine Position noch ausbauen können, auch wenn es derzeit bzw. kurzfristig gar nicht danach aussieht.
Halten die Staaten durch, was wird dann aus Deutschland?
Dann aber müßten sich auch die Deutschen neue Gedanken machen. Würden die USA noch 100 oder 200 Jahre durchhalten, welche Folgen hätte das für uns und unsere Gesellschaft? Man kann davon ausgehen, daß die deutsche Kultur unter diesen Bedingungen wohl keine 200 Jahre mehr durchhalten wird. Deutsche Regierungen würden noch über viele Jahrzehnte Entscheidungen unter Druck fällen müssen. Die Entwicklung zur „multikulturellen Gesellschaft“ würde nicht abgebremst werden können, da diejenigen einflußreichen Wirtschaftskreise, die an ihr verdienen, ihre Basis in den USA behalten.
Zudem dient ein Hegemon stets als Vorbild für den Lebensstil seiner Vasallen und Verbündeten. Da aber die USA faktisch eine „multikulturelle“ Einwanderergesellschaft darstellen, die innere Konflikte womöglich durch ihre herausgehobene Stellung und mit finanziellen Mitteln zu beschwichtigen vermag, bildet dieses noch nicht gescheiterte „Erfolgsmodell“ auch ein „Vorbild“ für hiesige Eliten und die partizipationsgierigen Massen. Die „Stars and Stripes“ werden also manchen Kleingarten zieren, sofern dort nicht muslimische Vorbilder dominieren.
Somit geht es weiter mit Einwanderung, mit Umweltbelastung, mit Konsum- und Werbeindustrie, mit immer neuen Trends, die bis zum Ermüden durch die Gassen gejagt werden müssen. Hier noch ein paar schick genormte Kisten in die Landschaft gestellt, dort eine Schnellimbiss-Kette, noch etwas Promi-Klatsch aus Hollywood im Boulevardmagazin oder eine Komödie im Kino und dazu ultracoole Fashion für ultracoole Trendsport-Kids.
Die Luft in kulturelle Schwingung versetzen
Somit stellt sich Frage, was überhaupt noch getan werden kann, wenn der Fracking-Coup gelingen sollte und diese Lebensweise noch 100 oder 200 Jahre weiterlaufen würde. Und nicht mal eine Klimakatastrophe dieses Zerstörungswerk aufhalten könnte, worüber sich hiesige „Konservative“ sogar noch freuen. Nun, die große nivellierende Maschine wird wohl unser wirtschaftlich absteigendes Land gänzlich umpflügen, die Pflugschar noch tiefer in die Erde treiben, bis jeder traditionelle Restbestand kleingehackt worden ist. Und alles im Namen von Freiheit und Individualität. Der Deutsche, so man ihn überhaupt noch identifizieren kann, findet sich dann als trendgesetteter Amerikaner dritter Klasse wieder.
Da der Hegemon stabil bleibt, scheint politischer Widerspruch fast zwecklos. Allenfalls von den Staatsmedien ignorierte Protestparteien vermögen es vielleicht gelegentlich, die Fünf-Prozent-Hürde in einem Überraschungscoup zu nehmen.
Ist politischer Widerstand also fast aussichtslos, bleibt dann eigentlich nur noch die kreative Verstärkung kultureller Resistenz. Das heißt nicht, sich von der Welt abzuschotten und das völkische Schein-Idyll zu zelebrieren. Aber Widerstand äußert sich dann im Kulturellen. Wie man malt, schreibt, dichtet, singt, spricht, Dinge entwirft, sein Leben aktiv lebt, entscheidet dann darüber, ob wir vollends aufgesogen werden oder noch überhaupt etwas von unserer Kultur diesen langen Zeitraum überdauern kann. Sollte das Fracking in der Erde kommen, dann muß zum Ausgleich die Luft in kulturelle Schwingung versetzt werden.