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Gedenken, vergattert

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Über das unwürdige Schauspiel zum diesjährigen Volkstrauertag in München kann man ja bereits eine Stellungnahme der betroffenen Münchener Burschenschaft Cimbria nachlesen. Dennoch kann es sicher nicht schaden, sich noch einmal den Hergang dieser Schmierenkomödie zu vergegenwärtigen.

Am Anfang standen nicht etwa die Vorbereitungen für die offiziellen Gedenkfeierlichkeiten in diesem Jahr, sondern die „Aufdeckung“ des mutmaßlichen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ 2011 – offenbar konnte man es bei der Süddeutschen Zeitung nicht lassen, dieses Ereignis zur Druckausübung auf den bayrischen Innenminister Herrmann zu nutzen und in einem Aufwasch die fleißigen Google-Nutzer von „aida“ zu beklatschen und die Münchener Burschenschaften (ebenso wie die Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger) abzuwatschen. Schon damals war von den aufgescheuchten Volksbund-Verantwortlichen zu hören, selbstverständlich sei man bereit, „kommendes Jahr die Gästeliste mit der Staatsregierung abzusprechen“. War ja auch ganz klar: Die „von den Nationalsozialisten mißbrauchten Kaiserfarben“ Schwarz-Weiß-Rot haben an Mahnmalen für Gefallene und hingemordete Zivilisten natürlich nichts zu suchen, weil sie in keinem irgendwie gearteten geschichtlichen Kontext stehen – scheinbar zumindest keinem, der auf einer heutigen Gedenkveranstaltung willkommen wäre.

Nun, zwei Jahre später, hielt man bei der Süddeutschen offenbar die Zeit für reif, nachzutreten. Nachdem das „Skandalpotential“ der Münchner Burschenschaft Danubia bereits 2011 verbraucht worden war, schoß man sich diesmal auf die Cimbria ein, die als Vorsitzende der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG) innerhalb der Deutschen Burschenschaft am Wochenende vor dem Volkstrauertag ein BG-Seminar ausgerichtet hatte. Ein vielsagendes Zitat des bayrischen Volksbund-Geschäftsführers deutete an, daß man sich zumindest dort bereits darauf einrichtete, sich in diesem Jahr frühzeitig wegzuducken: „[…] wir haben die Liste [der geladenen Gäste zur Gedenkveranstaltung; NW] dem Innenministerium zur Prüfung übergeben. Die werden uns dann sagen, was richtig ist und was nicht.“

Wer gedenken darf und wer nicht

Das tat das Innenministerium auch – weder über die Burschenschaft Cimbria, noch über die Ordensgemeinschaft lägen Extremismuserkenntnisse vor. Ausgeladen wurden sie trotzdem, und zwar per Ukas von Minister Herrmann, der diesmal rechtzeitig den Willen der veröffentlichten Meinung vernahm. In der Realität sah das Prozedere dann so aus, daß sich jede Münchner Studentenverbindung, die am Gedenken im Hofgarten der bayrischen Staatskanzlei mit einer Ehrenabordnung teilnehmen wollte, zuvor beim Innenministerium akkreditieren(!) mußte und die letztlich anwesenden Korporierten während der Zeremonie beflissentlich ignoriert wurden. Argumentiert wurde inoffiziell dahingehend, daß die Verbindungen in ihrer Gesamtheit selbst verantwortlich für die „schlechte Presse“ seien; einer eigenen Meinung hatte man sich seitens des Volksbundes offenbar bereits völlig begeben. Befriedigt über derartigen Gehorsam, konnte man sich in der SZ-Redaktion darauf konzentrieren, dem unmündigen Leser nochmals klarzumachen, wer in diesem Land (oder zumindest in Bayern) gedenken darf – und wer nicht. Man darf gespannt sein, was in München in nächster Zeit noch an Pressearbeit geleistet werden wird; für Aufregung sorgten an diesem Tag in München jedenfalls andere.

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