Anglizismen aufs Abstellgleis? – Bei der Deutschen Bahn nimmt die Rückbesinnung auf die deutsche Sprache immer deutlichere Formen an. Schon seit einiger Zeit werden die „Service Points“ durch Schalter mit der Aufschrift „Information“ ersetzt. Nun wurde bekannt, daß es eine rund 2.200 Einträge starke Wörterliste gibt, mit der Bahn-Mitarbeiter, wie das Unternehmen schreibt, „ihren alltäglichen Sprachgebrauch kritisch unter die Lupe nehmen können, um eine inflationäre Verwendung englischer und scheinenglischer Begriffe zu bremsen.“
Es ist eine Erfolgsgeschichte der deutschen Sprachschützer, wie nach und nach eine Sprachpanscherin zur Sprachwahrerin wurde. Die Deutsche Bahn änderte ihre Richtung, nachdem sich im Jahr 2009 ihr oberster Lokomotivführer Hartmut Mehdorn, Sprachpanscher des Jahres 2007, verabschiedet hatte.
Der Führungswechsel ermöglichte es, die jahrelangen Proteste der Sprachschützer endlich zu berücksichtigen. Ein Unternehmenssprecher äußerte jetzt: „So haben wir über die Jahre natürlich auch eine Vielzahl von Rückmeldungen unserer Kunden zu unseren Ansagen auf den Bahnhöfen, den Durchsagen in den Zügen oder auch zu Wortwahl und Begrifflichkeit in unseren Kundeninformationen erhalten. Solche Hinweise fließen selbstverständlich laufend in unsere Einschätzung für eine angemessene und zielgerichtete Kommunikation ein.“
Jahrelange Vorarbeit
Bereits einige Jahre zuvor hatte eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten der Union die Änderungen vorbereitet. Die „Initiative Sprachlicher Verbraucherschutz“, der unter anderem die Abgeordneten Julia Klöckner, Erika Steinbach und Gitta Connemann angehörten, führte schon im Jahr 2007 Gespräche mit der Bahn. Diese versprach, die Erarbeitung verständlicherer Informations- und Hinweismöglichkeiten zu prüfen.
Die Initiative wurde 2007 als „Sprachwahrer des Jahres“ ausgezeichnet, ebenso wie drei Jahre später Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Dieser setzte sich schon kurz nach seinem Amtsantritt Ende 2009 dafür ein, daß die Deutsche Bahn als privatrechtlich organisiertes Staatsunternehmen weniger Anglizismen verwendet. Ramsauer konnte unmittelbar Einfluß nehmen, denn das Eisenbahn-Bundesamt untersteht als Bahn-Aufsichtsbehörde dem Bundesverkehrsministerium.
Ramsauer machte es Albert von Maybach nach, der 1879 zum preußischen „Minister der öffentlichen Arbeiten“ ernannt wurde. Maybach berief den Ingenieur Otto Sarrazin – einen Urgroßonkel Thilo Sarrazins – als Geheimen Oberbaurat in die Eisenbahnabteilung seines Ministeriums. Sarrazin gründete einen Ausschuß zum Eindeutschen fremdsprachlicher Ausdrücke. Die „Barriere“ wurde so zur „Schranke“, das „Veloziped“ zum „Fahrrad“, der „Perron“ zum „Bahnsteig“, das „Billet“ zum „Fahrschein“.
Aus Otto Sarrazin wurde Rüdiger Grube
Sarrazin heißt heute Rüdiger Grube. Der Bahnchef sorgt nun für „die möglichst durchgängige Verwendung der deutschen Sprache“. Und „auch für die interne Kommunikation wird in unserem Unternehmen – in Deutschland – grundsätzlich die deutsche Sprache verwendet“. So sprechen die Mitarbeiter nicht mehr von „Flyern“, sondern ganz normal auf gut deutsch von Handzetteln. Die Sprachschützer gewahren jedoch: Der Einsatz für die deutsche Sprache lohnt sich, auch wenn sich der Erfolg erst nach Jahren einstellt.