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Die beste aller Zeiten

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Vor allem, wer sich mit vielen Mainstream-Produkten der Hollywood-Industrie beschäftigt, kommt schnell hinter deren politische Botschaft. Sie versteckt sich selbst in vielen auf den ersten Blick ganz harmlos erscheinenden Werken: Es gilt den politischen Status Quo zu legitimieren. Unter diesem kann man die Welthegemonie der USA, die Demokratie, eine selten näher definierte „Freiheit“ oder das „Projekt Moderne“ beziehungsweise die „Neue Weltordnung“ verstehen. Meist ist irgendwie alles gemeinsam gemeint.

Der strahlende amerikanische Held verteidigt demnach die „Freiheit“ seiner Familie, der US-Nation und damit der ganzen Menschheit gegen allerlei rückwärtsgewandte Abschreckungsfiguren. Dabei ist zweitrangig, ob diese nun in Form von militaristischen Nazis, finsteren Sektenanhängern, größenwahnsinnigen Verbrechern oder aggressiven Außerirdischen auftreten. Letztlich ist das Hollywood-Kino von „The Patriot“ bis zu „Red Dawn“ nur die volkspädagogische Umsetzung der „Extremismus-Theorie“. Nach dieser erscheinen „Links“ und „Rechts“ als letztlich potentiell krankhafte Wucherungen an den „Rändern“, während die „Mitte“ schon durch ihren Namen suggeriert, ein Ort des vernünftigen Ausgleichs, des Kompromisses, der Harmonie zu sein.

Daß aber „Links“ und „Rechts“ mitnichten allein „extremistische“ Auswüchse sind, sondern schlicht alternative politische Gedankengebäude, wird dabei gerne übersehen. Und unter „Mitte“ wird heute in der Regel der amerikanische Weg verstanden, der des wirtschaftlichen und politischen (und wahlweise sozial aufgepeppten) Liberalismus, der Rationalisierung und weltweiten Angleichung der Lebensverhältnisse. Er wird durch die Monopolisierung von Kapital, Produktion und Handel für die Masse letztlich wohl zu einer Art Kommunismus führen, gelenkt indes diesmal nicht von Parteikadern, sondern von einer kleinen Schicht aus Superreichen. Und unter dem geistigen Überbau des traditionslosen Individualismus.

Fortschrittsgläubigkeit beileibe nicht nur bei Marxisten

Eine solche Gesellschaft braucht allerdings offenbar dennoch die nötige Schulung, um auch in Zeiten der NSA-Affäre ihre Vorzüge für jedermann klar zu verdeutlichen. Nicht immer muß dafür ein teurer Unterhaltungsfilm gedreht werden, es geht auch mal auf der publizistischen Ebene. So hat der US-Autor Eric T. Hansen für die Zeit in die Tasten gehauen, um dem Status Quo unter amerikanischer Dominanz höchste Weihen zuteil werden zu lassen.

„Wir leben in der besten aller Zeiten“ lautet die Überschrift. Und Hansen beweist einmal mehr, daß Fortschrittsgläubigkeit kein Alleinstellungsmerkmal des Marxismus ist. Die alte kommunistische Lehre sagte, daß die sozialistische Gesellschaft ein Ergebnis der menschlichen Höherentwicklung nach einer langen Phase von historischen Klassenkämpfen und unterdrückerischen Systemen gewesen sei. Hansen nun äußert hinsichtlich der amerikanischen Moderne ähnliches. Als deren abschreckendes Gegenbild bringt Hansen das Mittelalter in Stellung:

„Im Mittelalter haben wir Menschen noch gelebt, wie es für uns natürlich ist: im Dreck, in Ignoranz, in Unterdrückung und geistiger Enge, ohne Rechte, ohne Freiheit, ohne ein Lebensziel außer ‘heute noch nicht sterben’. Wahrscheinlich 90 bis 95 Prozent der Bevölkerung hatten so wenige Rechte, daß sie nicht mal selbst entscheiden durften, welchen Beruf sie ausüben, wen sie heiraten und wo sie leben wollten. Die meisten erreichten schon mit 30 ihr Lebensende; Kinder zu gebären war lebensbedrohlich, und so überflüssige Sätze wie ‘Ich will meine Lage verbessern’ oder gar ‘Ich will meine Träume verwirklichen’ waren unbekannt.“

Ein Staat, von dem wir bis vor kurzem nur träumen konnten

Dagegen herrsche heute in der westlichen Welt „ein nie dagewesener Fortschritt“. Und so wird auch die Bundesrepublik als bisheriger Höhepunkt der deutschen Geschichte gefeiert: „Die Deutschen müßten das eigentlich besser wissen als alle anderen, denn sie leben heute in einem Staat, von dem sie vor wenigen Jahrzehnten höchstens hätten träumen können. Noch 1918 war Deutschland ein Kaisertum nach dem Vorbild des feudalen Mittelalters; die kurzlebige Weimarer Republik war politisch ein einziges Chaos und am Ende ein failed state; darauf folgten gleich zwei Diktaturen: das ‘Dritte Reich’ und die DDR. Wenn man großzügigerweise Hermann den Cherusker mit einrechnet, gibt es dieses Volk seit 2.000 Jahren: Einen vernünftigen, halbwegs gerechten deutschen Staat gibt es erst seit einem einzigen Menschenalter.“

Und dieser Trend gehe weiter aufwärts. Die Armut verringere sich immer mehr, Kriege und Morde würden immer seltener und die Bildung würde immer besser. Zwar gebe es stets auch Gefahren für diese Ordnung, zum Beispiel den Rückfall in eine Diktatur (von „Extremisten“; siehe oben). Dennoch bessere sich die Situation stetig: „Und warum? Weil wir in einem Zeitalter der lösbaren Probleme leben. Mit den technischen und wissenschaftlichen Fortschritten der vergangenen 200 Jahre, mit dem moralischen Paradigmenwechsel nach Schock und Schande des Zweiten Weltkrieges und mit den Möglichkeiten durch internationale Organisationen wie die UN, die Weltbank und Greenpeace sind wir in der Lage, Probleme schneller und leichter zu lösen als irgendwann sonst in unserer Geschichte.“

Somit rege Hansen sich auch nicht über die NSA-Affäre auf, denn einen „Überwachungsstaat“ würde schon kein „durchgedrehter General“ (warum eigentlich ein solcher?) schaffen können, da man ja in einer Demokratie lebe. In dieser Gelassenheit ist sich Hansen übrigens einig mit vielen sorglosen jungen Social-Media-Nutzern.

Westliche Welt auf wackligem Fundament

Somit trüben weder die Finanzkrise, noch islamischer Terrorismus noch der Untergang abendländischer Kultur die positive Stimmung des modernen Zivilisationsmenschen. Und wer irgendwelche Probleme habe, könne ja eine NGO (deutsch: Bürgerinitiative) gründen, und „vielleicht sogar die Welt verändern“, so Hansen.

Nun muß man abgewogen bleiben, denn ohne Zweifel hat uns (West-)Deutschen die Zeit nach 1945 eine lange Phase des Friedens, Wohlstands und umfangreicher individueller Freiheiten gewährt. Der technologische Fortschritt dieser Zeit ist immens. Die Bürger verfügen über Autos, Kühlschränke, Fernseher, Waschmaschinen und viele Konsumgüter. Hunger ist hierzulande ein Fremdwort, und das ist ein ganz entscheidender Faktor für die Stabilität der Machtbasis unserer Eliten. Und selbst politisch Abweichende wurde bislang noch im Vergleich zu Diktaturen oder gar totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts relativ milde behandelt. Selbst gewisse „Konservative“ erkennen diese Leistungen insofern häufig an, daß sie stets vor Veränderungen des Bestehenden warnen – sei es durch die Euro-Politik oder die Islamisierung –, statt eine andere Ordnung überhaupt anzudenken.

So ist es fast schon ein Kämpfen gegen Windmühlen, das wackelige Fundament der bestehenden westlichen Welt zu erwähnen: beispielsweise die globale Ausbeutung der Natur auf der Suche nach den zur Neige gehenden Rohstoffen. Oder die langfristig nicht haltbare Ausnutzung der günstigen asiatischen Arbeitskraft in der globalisierten Ordnung. Oder die Gefahr ethnischer Unruhen durch die globalen Grenzöffnungen. Oder die Belastung der Tiere durch die Agrar-Industrialisierung und globale Handelswege. Oder die Ausblutung der bodenständigen Mittelschicht, während die internationalen Kapitalströme nach oben fließen.

Gesellschaftliche Alternativen formulieren

Wohin zudem die Reise gehen könnte, wenn auf das Volk nicht mehr Verlaß ist, zeigen die jüngsten Äußerungen John Kerrys zu Ägypten. Man muß wahrlich kein Anhänger der Muslimbrüder zu sein, um sich wundern zu dürfen, daß ein Militärputsch gegen einen gewählten Präsidenten nun „die Demokratie wiederhergestellt“ hätte.

Würden somit also auch aus Francisco Franco oder den griechischen Obristen bald „lupenreine Demokraten“, wenn das US-amerikanischen Interessen dienlich gewesen wäre? Und ist das ägyptische Modell in Zukunft gar auch eines für andere Länder?

Bei aller Anerkennung der westlichen Zivilisation, wäre es Aufgabe echter Konservativer, deren Schattenseiten deutlicher zu benennen und klare gesellschaftliche Alternativen zu formulieren.

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