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Schweizer Rechtschreibrebellen

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Als „Putsch in der Rechtschreibe-Branche“ bezeichnete die Schweizer Nachrichtenagentur sda den Vorgang. Mitte November erhob nämlich die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) Anspruch auf einen Sitz im „Rat für deutsche Rechtschreibung“. Dieser von den Kultusministern – in der Schweiz heißen sie entsprechend „Erziehungsdirektoren“ – eingerichtete Rat verwaltet bekanntlich die verkorkste Rechtschreibreform, und das mehr schlecht als recht.

Die SOK hat sich in der Schweiz gegründet, um einen Ausweg aus dem Rechtschreibchaos und dem Salat der mehreren möglichen Schreibweisen zu weisen. Bei den Eidgenossen genießt die SOK einigen Rückhalt. Die Konferenz der Chefredaktoren (CRK) und der Verband Schweizer Presse (VSP) empfehlen ihren Mitgliedern die Vorschläge der SOK.

„Spaghetti-Reform“ droht

Die Gründung der SOK ist die Schweizer Antwort auf den Rechtschreibrat, der bei der Reform der Reform nur Stückwerk abliefert und notwendige Änderungen weiterhin verschleppt. So droht beim nächsten Rückbau lediglich eine „Spaghetti-Reform“, daß nämlich im wesentlichen bloß einige Fremdwortreformschreibungen wie „Spagetti“ rückgängig gemacht werden. Der Variantenwirrwarr wird wohl geändert, aber bleiben.

Über den Sitz hinaus fordert die SOK, daß diejenigen Schweizer Ratsmitglieder, die an der Ausarbeitung der gescheiterten Rechtschreibreform beteiligt waren, den Rechtschreibrat verlassen. In einer Mitteilung heißt es: „In einem öffentlichen Amt seien auch jene Delegierten nicht länger tragbar, die sich in die Dienste von Verlagen gestellt haben. Die prekäre Lage der Rechtschreibung könne nur mit neuen Kräften bereinigt werden, welche in jeder Beziehung unabhängig sind.“

SOK-Forderungen haben geringe Aussichten

Daß der Vorstoß der SOK von Erfolg gekrönt sein wird, ist zu bezweifeln. Die Kultusminister hatten schließlich den Rat im Jahr 2004 ins Leben gerufen, um die Öffentlichkeit zu beruhigen und die Rechtschreibreform zu retten. Ein Neuanfang war nicht geplant, Urheber und Nutznießer der Reform sollten weiterhin im Rat vertreten sein. Warum sollten heute die Kultusminister tun, was sie schon 2004 bewußt unterließen? Der öffentliche Druck fehlt, denn viele haben sich mit der unbefriedigenden Lage einer Dauerreform abgefunden. Durch strenge Geheimhaltungspolitik hat der Rat zudem dafür gesorgt, daß in der Öffentlichkeit keine Diskussion in Gang kommen konnte.

Hinzu kommt, daß der Rechtschreibrat die SOK bereits 2007 abblitzen ließ. In einem Antwortschreiben hielt der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair es nicht einmal für nötig, auf ein Angebot zur Zusammenarbeit einzugehen. Die SOK setzt zwar nun auf einer höheren Entscheidungsebene an, doch dürfte auch die Politik den Vorstoß der Vernunft zurückweisen.

Gern unterstütze ich die SOK mit meiner Mitgliedschaft. Doch ich fürchte, daß der Rechtschreibrat auch weiterhin auf das Fachwissen der Schweizer Fachleute verzichten wird. Hoffnung geben lediglich die Zeichen aus der Schweiz auf anderen Politikfeldern, daß sich die Eidgenossen nicht davon abschrecken lassen, auch eigene Wege zu gehen. Doch um diese Unabhängigkeit zu zeigen, bedarf es in der Schweiz in der Regel einer Volksabstimmung.

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