Wieder ein Mal wird derzeit vor einem deutschen Gericht ein sogenannter Ehrenmordprozeß verhandelt: Vor einem Jahr wurde die zwanzigjährige Iptehal Z. auf einem Autobahnrastplatz vermutlich von ihrem Cousin und ihrem Onkel hingerichtet – der Ehre wegen. Der Lebensstil der jungen Libanesin war für die Familie zu westlich.
In der Presse wird Iptehal als Inbegriff guter Integration dargestellt: Sie hatte drei Monate zuvor an der Volkshochschule ihren Hauptschulabschluß nachgeholt, machte gerade ein Praktikum in einem Kindergarten und wollte eine Ausbildung zur Erzieherin beginnen.
Sie war eine aufgeschlossene, lebenslustige junge Frau, die sich gerne gut kleidete, berichten ihre Freunde. Sie hatte eine Beziehung mit einem sieben Jahre älteren Türken, brannte mit ihm durch und wohnte zeitweise mit diesem zusammen in Dortmund.
Sie lebte also wie die meisten jungen Frauen heutzutage in Deutschland. In der Presse wird das als Sieg über eine archaische und patriarchalische Kultur gesehen, den die chauvinistischen Männer ihrer Familie nicht verkraften konnten. Es ist ein Sieg der Integration.
Heilige Kuh der Gleichberechtigung
Dabei stellt sich nur die Frage, warum Presse und Politik solch eine Integration nicht genauso enthusiastisch von allen Ausländern in Deutschland fordern. Im Gegenteil: Wer der Ansicht ist, Ausländer sollten sich den hiesigen Gepflogenheiten anpassen, wird meist zum bösen Rechten abgestempelt.
Und was ist eigentlich mit den zahllosen Gewalttaten arabisch- und türkischstämmiger Männer, bei denen Deutsche die Opfer sind? Hier zeigen die Medien nicht selten Verständnis für die Täter: Sie stammten doch aus armen Verhältnissen, hätten keine Ausbildung, seien gelangweilt, arbeitslos und zudem selbst Opfer häuslicher Gewalt. In Wirklichkeit seien sie das Produkt einer intoleranten Gesellschaft. Ihr Verhalten sei praktisch vorbestimmt, heißt es.
Worin liegt also der Unterschied zum Fall eines Ehrenmords? Daß das Opfer aus dem gleichen Kulturkreis stammt wie die Täter und eine Frau ist? Weil es um die heilige Kuh der Gleichberechtigung geht? Unter diesen Vorraussetzungen stellt dann Zuwanderung offensichtlich auch für die Claudia Roths dieser Gesellschaft keine kulturelle Bereicherung mehr dar.