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Kiezdeutsch

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Was gestern noch „Kanaksprak“ hieß, wird nun als trauliches „Kiezdeutsch“ in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Die Potsdamer Sprachprofessorin Heike Wiese schwärmt von der „produktiven Erweiterung“ der deutschen Sprache in „multiethnischen Wohngegenden“.

Im Berliner Nahverkehr hat sie Sätze aufgeschnappt wie „Morgen geh ich Kino“ oder „Ischwör Alter, war so“. Und das nicht nur bei Türken und Arabern, sondern auch bei deren biodeutschen Altersgefährten. Weitere Beispiele lauten: „Isch Dich mach Messer!“ oder „Isch geh Karstadt“ oder „Machst du rote Ampel“ (Du gehst bei Rot über die Straße).

Schon klar, daß neue Wörter, Phrasen, Konstruktionen in die Sprache Eingang finden müssen! Entweder ist die Sprache dynamisch und nimmt neue Wirklichkeiten in sich auf, oder sie verdorrt. Die Hugenotten brachten mit der Bouillon ein bißchen Lebensart ins karge Preußen, aus clameur (das Geschrei) wurde Klamauk, aus pleurer (weinen) das enervierende Plärren.

Soziolekt des Nachwuchs-Prekariats

Und wer Schmus erzählt, der verbreitet das hebräische Schamuess, Gehörtes. Außerdem: Jugendsprache will die Grenze zur Welt der Erwachsenen ziehen. Vergröberung sind ihr lieber als Differenzierungen, sie behilft sich mit Flick­ und prahlt mit Expressivwörtern, sie spannt zusammen, was semantisch unverträglich ist.

Insoweit hat Frau Professor Wiese im Interview recht: „Es gibt nicht das Deutsche, sondern es gibt ganz viele Register und Varianten. Ich spreche mit meiner zweijährigen Tochter anders als mit Ihnen. Wir alle beherrschen verschiedene Varianten, vielleicht auch Dialekte des Deutschen.“

Doch das ist die Frage: Handelt es sich tatsächlich um eine Variante, um Jugend-Slang, oder mehrheitlich nicht eher um den Soziolekt des Nachwuchs-Prekariats, das gar keine anderen Varianten und Sprachebenen beherrscht? „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, schrieb Wittgenstein.

Ausbildungsquote der Kiezdeutschen „jämmerlich“

Entsprechend raufen sich Lehrer die Haare und nennt selbst die linke Berliner Sozialsenatorin die Ausbildungsquote der Kiezdeutschen „jämmerlich“. Frau Professorin ist totzdem guten Mutes: „Eine grammatikalische Reduktion taucht in jeder Sprache immer wieder auf. Das Englische hatte früher auch einen Genus, jetzt hat es keinen mehr. Das heißt nicht, daß Englisch sprechende Menschen plötzlich kommunikativ, geistig, sozial oder kulturell reduziert wären. Das ist von der Entwicklung der Sprache völlig unabhängig. Mit allen grammatikalischen Systemen kann grundsätzlich alles ausgedrückt werden. Das hat nichts mit den sozialen Kompetenzen zu tun, sondern damit, wie ich die Grammatik, die mir zur Verfügung steht, nutze.“

Nächste Umerziehungskampagne wird vorbereitet

Auweia! In dem einen Fall handelt es sich um eine Sprachgemeinschaft, die längst begriffene komplexe Zusammenhänge in einfachere sprachliche Strukturen faßt. Im andern Fall geht es um Sprecher, deren intellektuelles Niveau mit den eingliedrigen, in sich nochmals radikal simplifizierten Sätzen korrespondiert, die lediglich als Kontakt- und Situationssprache funktionieren.

Hier wird die nächste Umerziehungskampagne vorbereitet, die die Mehrheitsgesellschaft dahin bringen soll, die allgemeine Verluderung und – als Gegenstück dazu – steigende Steuerlasten als naturgesetzlich zu akzeptieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung bezuschußt das Kiezdeutsch-Projekt, und es gibt Kontakte zur Initiative „Schule gegen Rassismus“, in deren Rahmen sich die Schüler „mit Vorurteilen gegenüber Sprachen und Sprechweisen“ auseinandersetzen sollen.

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