Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung zur Klage gegen den Vertrag von Lissabon ein sensationelles Urteil gesprochen. Man kann das höchste deutsche Gericht nicht genug preisen für seine segensreiche Korrektivfunktion.
„Ein richterlicher Patriot Act für den deutschen Souverän“
Jost Müller-Neuhof, Politik-Redakteur des Tagesspiegel, schreibt heute in seinem Blatt:
„Das Lissabon-Urteil feiert nicht Europa, es feiert den deutschen Verfassungsstaat als Garantie für Grundrechte und demokratische Ordnung. Er bleibt das Maß aller Dinge. Europa darf sich zu einem überaus homogenen Staatenclub entwickeln – aber nur solange das in unserer Verfassung angelegte Schöne, Gute und Wahre dabei nicht angetastet wird.
Die Richter sprechen von ‚Verfassungsidentität‘, einer höchst unscharfen aber reichlich emotional besetzten Vokabel aus dem Zitatkasten konservativster Staatsrechtler. Sie setzt Europa künftig deutlicher als bisher Grenzen, vor allen Dingen in sensibel-nationalen Bereichen wie Bildung, Erziehung, Religion und Strafrecht. Das Lissabon-Urteil ist damit Grundgesetz-Absolutismus reinsten Wassers, ein Messdienst am Nationalstaat mit fast schon liturgischen Formeln, ein richterlicher Patriot Act für den deutschen Souverän.“
Souveränität des Nationalstaates auf Dauer geschützt
Großartig. Damit ist auf den Punkt gebracht, daß dieses Urteil noch mehr als im Maastricht-Urteil die Souveränität des deutschen Nationalstaates auf Dauer schützt. Wollen Legislative und Exekutive an diesem Zustand etwas ändern, dann reicht nicht eine normale Verfassungsänderung durch Bundestag und Bundesrat. Dann muß das Volk befragt werden.
Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes macht dies klipp und klar deutlich:
„Solange im Rahmen einer europäischen Bundesstaatsgründung nicht ein einheitliches europäisches Volk als Legitimationssubjekt seinen Mehrheitswillen gleichheitsgerecht politisch wirksam formulieren kann, bleiben die in den Mitgliedstaaten verfaßten Völker der Europäischen Union die maßgeblichen Träger der öffentlichen Gewalt, einschließlich der Unionsgewalt. Für den Beitritt zu einem europäischen Bundesstaat wäre in Deutschland eine Verfassungsneuschöpfung notwendig, mit der ein erklärter Verzicht auf die vom Grundgesetz gesicherte souveräne Staatlichkeit einherginge. Ein solcher Akt liegt hier nicht vor.
Die Europäische Union stellt weiterhin einen völkerrechtlich begründeten Herrschaftsverband dar, der dauerhaft vom Vertragswillen souverän bleibender Staaten getragen wird. Die primäre Integrationsverantwortung liegt in der Hand der für die Völker handelnden nationalen Verfassungsorgane. Bei wachsenden Kompetenzen und einer weiteren Verselbständigung der Unionsorgane sind Schritt haltende Sicherungen erforderlich, um das tragende Prinzip der begrenzten und von den Mitgliedstaaten kontrollierten Einzelermächtigung zu wahren. Auch sind eigene für die Entfaltung der demokratischen Willensbildung wesentliche Gestaltungsräume der Mitgliedstaaten bei fortschreitender Integration zu erhalten. Insbesondere ist zu gewährleisten, daß die Integrationsverantwortung durch die staatlichen Vertretungsorgane der Völker wahrgenommen werden kann.“
Im Lichte dieser nüchternen juristischen Sprache gerinnt der putschartig systematisch am Volk vorbei betriebene Plan zur Verlagerung zentraler Souveränitätsrechte an die Büsseler Bürokratie zum sichtbaren Verrat an Demokratie und Nation.
Der 30. Juni 2009 – er ist ein Sieg für Volk und Demokratie und eine vernichtende Niederlage für die Feinde des Nationalstaates. Verneigen wir uns vor den mutigen Klägern, dem Sachverstand der Juristen und der Weisheit der Richter.