Nur scheinbar eine Provinzposse: In der vorigen Woche erließ der Stadtrat von Zwickau auf Antrag des BSW ein Verbot von Bundeswehr-Werbung auf städtischen Flächen – mit den Stimmen der AfD, der größten Fraktion! Unter anderem auf Straßenbahnen: Ein Zug fuhr in Flecktarnfarben durch die viertgrößte Stadt Sachsens und warb für den Dienst in der Armee. Um die Groteske komplett zu machen, nennt sich Zwickau jetzt „Stadt des Friedens“. Gleichzeitig erklärten in München drei Straßenbahnfahrer, den Einsatz zu verweigern, wenn ihr Zug mit Werbung für die Truppe dekoriert ist.
Warum ist es mehr als eine Provinzposse? Das Ganze steht für die in Deutschland seit Jahrzehnten kultivierte Mißachtung der Rolle und Bedeutung der Armee für unseren Staat. Besonders blamabel ist es, wenn diese Verachtung ausgerechnet von rechts, der AfD, kommt, die sich in ihrem Wahlprogramm ausdrücklich positiv zum Wehrgedanken bekennt und die Wiedereinführung der Wehrpflicht fordert. Immerhin rückten Bundespolitiker der AfD rasch vom Zwickauer Beschluß öffentlich ab.
Verteidigungsfähigkeit ist Voraussetzung für nationale Souveränität
Deutschland hat hier ein Grundproblem. Es fehlt an einem breiten gesellschaftlichen Verständnis, eine Nation sein und bleiben zu wollen – wie sämtliche anderen europäischen Staaten. Zur Behauptung nationaler Souveränität – auch im Rahmen von Bündnissen oder Vertragsgemeinschaften wie Nato und EU – bedarf es der Fähigkeit, das eigene Territorium verteidigen zu können und zu wollen. Wer nicht bereit ist, dies zu demonstrieren, eine nennenswerte Zahl eigener Soldaten aufzubieten, die auch willens sind, für diese Aufgabe ihr Leben einzusetzen, gibt den Anspruch auf, als Nation gefürchtet und respektiert zu werden.
Für die Bundeswehr zu werben muß eine Ehre sein
Spätestens seit dem Angriff Rußlands auf die Ukraine sollte diese Erkenntnis endlich einrasten und alle der mangelhafte Zustand unserer Armee alarmieren. Schlagartig sehen wir, was es heißt, überrannt zu werden und welche Konsequenzen drohen, sollte ein Volk keine Wehrbereitschaft und intakte Rüstung besitzen.
Eine vom Volk getragene, hervorragend ausgestattete, motivierte und respektierte Armee ist also im nationalen Interesse. Sie ist nicht zu viel, sondern zu wenig öffentlich präsent. Soldaten sollten sich mit Begeisterung und kollektivem Rückhalt in Uniform in der Öffentlichkeit zeigen können. Für den Einsatz zu werben, muß pure Selbstverständlichkeit und eine Ehre sein.
Eine stolze Armee verleiht der Nation Würde
Der Historiker Percy Ernst Schramm bemerkte einmal, selbst in einer auf Rationalität ausgerichteten Welt werde „das Bedürfnis nicht aufhören, den Staat sehen und dadurch erleben zu können“. Eine stolz auftretende Armee verleiht der Nation in diesem Sinne Gesicht und Würde.