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Politische Kultur: Präsident als Spalter

Politische Kultur: Präsident als Spalter

Politische Kultur: Präsident als Spalter

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier läßt die Gelegenheit zur Versöhnung ungenutzt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier läßt die Gelegenheit zur Versöhnung ungenutzt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier läßt die Gelegenheit zur Versöhnung ungenutzt Foto: picture alliance / PIC ONE | Ben Kriemann
Politische Kultur
 

Präsident als Spalter

Bundespräsident Steinmeier beschädigt die politische Kultur im Land. Statt zu versöhnen, spaltet er. Dabei hätte er unlängst die Gelegenheit gehabt, auch selbstkritische Töne anzuschlagen. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Die Rede wäre für den Bundespräsidenten eine Chance gewesen. Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sie vertan. Das Gedenken an 75 Jahre Verfassungskonvent in Herrenchiemsee hätte Anlaß sein können, Gräben des Parteienstreits zuzuschütten. An den Entwürfen des Grundgesetzes wirkten Juristen und Politiker von Links bis Rechts mit. Es herrschte 1948 ein antitotalitärer, kein antifaschistischer Grundkonsens.

Steinmeier betonte, das Grundgesetz ertrüge „harte und härteste Auseinandersetzung“, und fügte hinzu: „Verfassungsfeinde jedoch kann die Verfassung nicht integrieren.“ Ist er vielleicht selbst ein Gegenbeispiel? Er hätte nachdenkliche autobiographische Überlegungen einflechten können. Warum erwähnt er nicht seine Arbeit Anfang der 80er Jahre als Redakteur für die zu dieser Zeit vom Verfassungsschutz beobachteten und von der DDR finanzierten Zeitschrift Demokratie und Recht?

Warum kommt er nicht auf Lebensläufe zahlreicher Ex-Mitglieder kommunistischer und linksextremer Gruppen zu sprechen, die mit ihm im Kabinett Schröder ministrabel wurden? Warum erwähnt er nicht, daß er irrte, als er 1990 schrieb: „Es führt keine demokratische Brücke von der Verfassung der BRD zur Verfassung des neuen Deutschland“ und den Untergang der DDR bedauerte?

Präsident markiert AfD als Feind

Steinmeier hätte die Kontinuität einer explizit auf der Linken bis tief in die SPD (und später die Grünen) kultivierten Feindschaft gegenüber dem Staat und der Ordnung des Grundgesetzes in Erinnerung rufen können.

Stattdessen mündete seine Rede in eine unverhohlene Feinderklärung Richtung AfD, die er zwar nicht beim Namen nannte, aber unzweifelhaft meinte, als er forderte „robust und wehrhaft schon im Alltag“ und mit „kämpferischem Widerspruch“ Freiheitsfeinden entgegenzutreten. Mit diesen Worten hätte Steinmeier die linksextreme Antifa thematisieren können, die beispielsweise in Hessen Listen mit den Privatanschriften aller AfD-Landtagskandidaten veröffentlicht hat und dazu aufruft, diesen „auf militante Weise“ zu „begegnen“ und „ihnen das Leben zur Hölle zu machen“.

Präsident soll über Parteienstreit stehen

Stattdessen rückte Steinmeier die Wahl der AfD verbal in die Nähe einer Straftat, wenn er meint, kein Wähler könne sich „auf mildernde Umstände herausreden, wenn er sehenden Auges politische Kräfte stärkt, die zur Verrohung unserer Gesellschaft und zur Aushöhlung der freiheitlichen Demokratie beitragen“.

Intention der Schöpfer des Grundgesetzes war es übrigens, den Bundespräsidenten im Gegensatz zu Weimar dem Parteienstreit zu entziehen – indem er nicht direkt durch das Volk in einem polarisierenden Wahlkampf ins Amt gelangt. Er soll überparteilich für Ausgleich sorgen. Steinmeier macht das Gegenteil. Statt zu versöhnen, spaltet er.

JF 34/23

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier läßt die Gelegenheit zur Versöhnung ungenutzt Foto: picture alliance / PIC ONE | Ben Kriemann
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