Genüßlich rührt SPD-General Kevin Kühnert in der Wunde: Die Union habe unter Friedrich Merz in den letzten Wochen „einen Scherbenhaufen“ in der Migrationspolitik angerichtet. Aufmerksam registrieren Sozialdemokraten, daß CDU und CSU in der Frage von Einwanderung und Asyl völlig uneins sind. Der von Merz gern rhetorisch kernig inszenierte Führungsanspruch entpuppt sich stets als Luftnummer. Aufs Korn nahm Kühnert dessen später wieder einkassierte und zweifellos unglückliche Äußerungen zu „Sozialtouristen“ unter ukrainischen Flüchtlingen sowie seine Wortmeldung anläßlich der Silvesterkrawalle über „kleine Paschas“, die sich an Schulen der Einordnung verweigern.
Schadenfroh beobachten Merkelianer wie der CDU-Linke Daniel Günther, wie sich Merz armerudernd in Fallstricken des Migrationsthemas verheddert. FDP-Chef Christian Lindner sprach dem Sauerländer deshalb auf einem Parteitag in NRW den „Führungsanspruch für das moderne Deutschland ab“ und legt damit das Fehlen alternativer Machtoptionen für Merz offen.
Merz fehlt das publizistische und politische Vorfeld
Ein Blick auf die politische Landkarte zeigt deutlich, auf wen es machtarithmetisch ankommt: Die Union ist in acht, die Grünen in zwölf Bundesländern an Regierungen beteiligt – in sechs Ländern sogar in gemeinsamen Koalitionen. Das heißt: Wenn die CDU ernst macht mit einer grundlegenden Korrektur der Ausländerpolitik, dann liefe dies auf einen „Kulturkampf“ (Gabor Steingart) hinaus, für den es bei den Eliten in Wirtschaft und Gesellschaft derzeit keinen Rückhalt gibt. Selbst wenn Merz wollte, es fehlt ihm das publizistische und politische Vorfeld für diese Auseinandersetzung.
Indes explodieren die Zahlen der Migranten, die Deutschland erreichen – und die damit verbundenen Probleme. Das sich besonders weltoffen inszenierende Öko-Paradies Freiburg im Breisgau wird gerade von einer Welle der Kriminalität nordafrikanischer Asylanten erschüttert. Die Hilferufe aus anderen Kommunen werden immer lauter, den Zuzug vor allem Illegaler endlich zu drosseln. Es mangelt am politischen Willen, Nägel mit Köpfen zu machen.
Jeder, der hier ernsthaft eine Kursänderung einleiten wollte, stößt an die einflußreiche rot-grüne Sperrminorität in Politik, Medien und der Asyllobby, die Kirchen und Sozialverbände dominiert. In der Tat müßte hier eine Grundsatzdiskussion einmal zu Ende geführt werden, die seit Merkels verheerender Grenzöffnung 2015 immer umgangen wurde. Solange politische Optionen jenseits von Rot-Grün in dieser Frage nicht wirksam gemacht werden können, wird sich daran wohl auch nichts ändern.