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75 Jahre CDU: Ab durch die Mitte

75 Jahre CDU: Ab durch die Mitte

75 Jahre CDU: Ab durch die Mitte

Leeres Podium vor einer Veranstaltung der CDU in Hamburg Foto: picture alliance/Markus Scholz/dpa
75 Jahre CDU
 

Ab durch die Mitte

Die CDU hat sich schlicht stets darauf beschränkt, verzögert die Agenda nachzuvollziehen, die von links gesellschaftspolitisch definiert wurde. So entstand ein politisches Vakuum. So entstand ein politisches Vakuum. Wer dieses füllen will, provoziert einen Kulturkampf. Zur politischen Macht kommt er am Ende aber nur, wenn es ihm gelingt, die Mitte zu erobern. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Deutschland ist eine Konsensgesellschaft. Wir lieben keine Polarisierung, keinen Dauerstreit. Wir schätzen Ruhe, Ordnung, Verbindlichkeit und Ausgleich. Diese Tendenz prägt unseren Nationalcharakter, und die Gründe hierfür reichen weit zurück. Unsere geographische Mittellage spielt eine Rolle, Deutschlands jahrhundertelange Zersplitterung, nicht zuletzt der verheerende Dreißigjährige Krieg, bei dem sich im 17. Jahrhundert Millionen Deutsche gegenseitig wegen unterschiedlicher Konfession und Landeszugehörigkeit die Köpfe einschlugen. Dieses Trauma hat sich tief in unser kollektives Unterbewußtes gesenkt.

Liest man den öffentlichen Liebesbrief, den die beiden Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck an die CDU geschrieben haben, so sieht man frei nach Goethe bestätigt: „Zur Mitte drängt, an der Mitte hängt doch alles“. In dieser in der FAZ veröffentlichten Lobeshymne („Liebe CDU, alles Gute zum 75. Geburtstag!“) findet sich formvollendet, wie die beiden derzeit stärksten Parteien darum buhlen, wer am überzeugendsten den Platz in der Mitte besetzt.

Wahlen werden am Ende in der Mitte gewonnen

Baerbock und Habeck treiben dabei das von Angela Merkel perfektionierte Prinzip der „asymmetrischen Demobilisierung“ auf die Spitze: Die CDU sei die „Grundversorgung im Kanzleramt“, flöten sie, die Union sei das „Bayern München der Politik“, „euer Pragmatismus ist Legende“, jubeln die Grünen-Chefs und freuen sich auf „die nächsten Jahre des fairen Wettstreits“.

Merkels prinzipienloses Abräumen von Grundsätzen beim Atomausstieg, bei der Grenzöffnung, der Aufgabe der Wehrpflicht, der Kapitulation vor der Homo-Ehe wird zur politischen Maxime geadelt: Der „Tanker CDU“ sei „beweglicher als manches Schnellboot“, wenn „große Ereignisse und Zeitenwenden“ (Tsunami in Japan?) die „Koordinaten unseres politischen Handelns“ verschöben.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Wahlen werden am Ende in der Mitte gewonnen. Wem gelingt es aber, gesellschaftlich jene „Koordinaten unseres politischen Handelns“ (Baerbock/Habeck) zu verschieben und die Begriffe zu prägen, die den Diskurs der Mitte wesentlich bestimmen?

Auch die Medien schwärmen von Schwarz-Grün

Da in den letzten Jahrzehnten die Funkhäuser, die Zeitungsredaktionen, die wichtigsten Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen durch eine linksliberale Schule gegangen sind, verwundert es nicht, daß Schwarz-Grün bis zu Welt, FAZ und nun auch Merkel-Erbe Friedrich Merz als „bürgerliches Bündnis“ gefeiert wird. Die CDU hat sich schlicht stets darauf beschränkt, verzögert die Agenda nachzuvollziehen, die von links gesellschaftspolitisch definiert wurde.

So entstand ein politisches Vakuum. Wer dieses Vakuum markieren und füllen will, provoziert einen Kulturkampf. Zur politischen Macht kommt er am Ende aber nur, wenn es ihm wiederum gelingt, die Mitte zu erobern.

JF 28/20

Leeres Podium vor einer Veranstaltung der CDU in Hamburg Foto: picture alliance/Markus Scholz/dpa
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