Als 1992 die Entscheidung fiel, daß aus der damals im südbadischen Freiburg im Breisgau erscheinenden Monatszeitung JUNGE FREIHEIT eine Wochenzeitung aus Berlin werden sollte, war ich ein 25jähriger Student. Wir stürzten uns in ein verrücktes Wagnis. Erfahrene Geschäftsleute, denen ich unseren Plan vorstellte und bei denen ich um Geld für den Start warb, winkten lächelnd ab. Von den geplanten zwei Millionen Mark Startkapital für unsere Kommanditgesellschaft bekamen wir lediglich 200.000 zusammen. Nicht nur aus heutiger Sicht ein Witz.
Doch es mußte gemacht werden. Wenn die Linken in der Lage waren, mit der taz eine Tageszeitung zu etablieren, warum sollte es uns nicht gelingen, für die Konservativen, demokratisch Rechten eine eigene Wochenzeitung durchzusetzen? Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Die augenrollenden Bedenkenträger, die neunmalklugen Unkenrufe am Rande – sie waren Ansporn, es erst recht zu erzwingen.
Die Solidarität wuchs
Und es war ein wirklich zäher und mühseliger Weg, den wir einschlugen. Die Pressekonferenz zum Start der Wochenzeitung am 21. Januar 1994 in einem Berliner Hotel stürmten 100 Linksextremisten. Die ersten Jahre begleiteten uns besonders schwere Angriffe auf Redaktion, Autos – sogar unsere Druckerei setzten Linksterroristen im Dezember 1994 in Brand. Doch es wuchs auch stetig Solidarität. Es folgte eine zehnjährige juristische Abwehr der Verdachtsberichterstattung des NRW-Verfassungsschutzes, die 2005 jedoch mit einem Sieg für die JF vor dem Bundesverfassungsgericht endete – ein Meilenstein für die Pressefreiheit und ein Dämpfer für diejenigen, die den Verfassungsschutz zum Kampf gegen mißliebige Gegner mißbrauchen.
Wir lernten, wie hart und unfair der Meinungskampf in der Praxis funktioniert. Wie betoniert die Asymmetrie zwischen Linken und Konservativen zu sein scheint. Wie viele angesichts der ungleich verteilten Gewichte und Anfechtungen irgendwann den Weg der Kapitulation wählen oder sich radikalisieren, bis sie in einem extremistischen Ghetto landen.
Die Demokratie lebt von der Breite der Meinungen
Ohne eigene Medien, ohne kritische Beobachtung der in Regierung, Wirtschaft und Gesellschaft Verantwortlichen durch unabhängige Journalisten wird es auch keine politische Veränderung geben – das blieb stets unsere feste Überzeugung. Noch lange bevor Internet und soziale Medien als zusätzliches Korrektiv entstanden.
Die JUNGE FREIHEIT lebt vom Enthusiasmus ihrer Macher, dem Engagement treuer, idealistischer Leser und der Zuversicht, daß sich hartnäckiger Einsatz und Freude am offenen, freien Diskurs am Ende durchsetzen. Die Demokratie lebt von der hörbaren Breite der Meinungen. Unsere Aufgabe ist es, daß die aus dem Lot geratene Waage wieder ins Gleichgewicht kommt.
JF 5/19