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Streiflicht: Zeit für eine Reformation

Streiflicht: Zeit für eine Reformation

Streiflicht: Zeit für eine Reformation

Latzel
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Der Bremer Pastor Olaf Latzel: Christen müssen das erste Gebot ernst nehmen Foto: picture alliance/dpa
Streiflicht
 

Zeit für eine Reformation

Statt sich die Frage zu stellen, weshalb Pastor Olaf Latzels Kirche jeden Sonntag brechend voll ist, stellen ihn 70 Amtsbrüder an den Pranger. Nun hat sich sogar die Bremer Bürgerschaft distanziert. Die „Spätzeit des Christentums“ hat begonnen. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Warum bin ich eigentlich noch Mitglied in der evangelischen Landeskirche? Es ist manchmal zum Verzweifeln. Beschäftigen sich Pfarrer, Gemeinden und Amtskirche doch lieber mit Klimawandel, fairem Handel, Gender-Ideologie, Homo-Ehe oder interreligiösem Dialog – statt den Missionsbefehl zu befolgen. Man könnte die Kirchensteuer glatt direkt an Grüne und SPD überweisen.

Wenn es nicht Pastoren gäbe wie Olaf Latzel, der mit einer Brandrede Anfang des Jahres die Bremische Evangelische Kirche und die EKD in Aufruhr versetzt hat. Latzel, der wie der Reformator Martin Luther dem Volk aufs Maul geschaut hat, las seinen Schafen in einer halbstündigen Predigt die Leviten und erinnerte sie daran, daß es für Christen nur einen Gott gibt und die Vermengung oder beliebige Gleichsetzung mit anderen Religionen, zumal dem Islam, unvereinbar ist.

Pastoren stellen ihren Amtsbruder an den Pranger

Latzel forderte seine Gemeinde auf, Buddha-Figuren, Talismane aus dem Leben verschwinden zu lassen. Indes rief er gleichzeitig dazu auf, sich schützend vor Muslime zu stellen, wenn diese wegen ihres Glaubens bedroht würden. Schnell wurde Latzel, der schon länger als charismatischer Prediger anderen ein Dorn im Auge ist, zum „Pöbel-Pastor“ (Bild). Statt sich die Frage zu stellen, weshalb Latzels Kirche Sankt Martini in Bremen jeden Sonntag brechend voll ist, rotteten sich 70 Amtskollegen gegen ihn zusammen und demonstrierten vor dem Dom unter dem Motto „Bremen ist bunt! Wir leben Vielfalt“ und stellten ihren Amtsbruder an den Pranger.

Nun hat sich sogar die Bremer Bürgerschaft auf Antrag der Linkspartei mit den Stimmen von SPD und Grünen von Latzel distanziert. Die Bremer CDU-Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann hielt Latzel vor, nicht „dem Geist Jesu Christi“ entsprechend zu predigen, er diene nicht „dem Zusammenhalt in unserer Gesellschaft“.

Die „Spätzeit des Christentums“ hat begonnen

Pfarrer Latzel, der sich im Gespräch mit dieser Zeitung ausführlich zu seinen Intentionen und der Kampagne gegen ihn äußert, hat inzwischen einige überspitzte Formulierungen bedauert, so mit Blick auf die katholische Reliquien-Verehrung von „Dreck“ und das islamische Zuckerfest von „Blödsinn“ gesprochen zu haben.

Der Publizist Markus Günther traf Ende vergangenen Jahres in der FAZ ins Schwarze, als er feststellte, in Deutschland habe die „Spätzeit des Christentums“ begonnen. Hinter den glänzenden Fassaden der Kirchen und den noch sprudelnden Kirchensteuereinnahmen schreite der geistliche Kollaps voran: Glaubensinhalte hätten sich in Luft aufgelöst. Wenn in den nächsten Jahrzehnten die kirchensteuerzahlende Generationen abtreten, verbleibe nur noch eine Minderheit in der Kirche, die „nicht größer sein wird als die Zeugen Jehovas“. Höchste Zeit für eine neue Reformation der Kirche im Geiste Luthers.

JF 10/15

Der Bremer Pastor Olaf Latzel: Christen müssen das erste Gebot ernst nehmen Foto: picture alliance/dpa
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