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Streiflicht: Die erwachende Nation

Streiflicht: Die erwachende Nation

Streiflicht: Die erwachende Nation

Thefalloftheberlinwall1989
Thefalloftheberlinwall1989
Streiflicht
 

Die erwachende Nation

Am 9. November 1989 fiel in Berlin die Mauer. Ein neues nationales Selbstbewußtsein schien greifbar. 22 Jahre danach ist Ernüchterung eingekehrt. Deutschland ist„gebändigt” und wird finanziell von seinen„Partnern” gnadenlos zur Ader gelassen. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Thefalloftheberlinwall1989
Mauerfall 1989: Die selbstbewußte Nation Foto: Wikimedia/Unknown photographer, Reproduction by Lear 21 mit CC-Lizenz https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Kein rundes Datum. Höchstens eine Schnapszahl. Vor 22 Jahren, am 9. November 1989, öffnete sich die Mauer in Berlin. Was 28 Jahre Deutsche in Ost und West gewaltsam trennte, fiel in einer kalten Novembernacht unter dem Druck Hunderttausender freiheitsliebender Deutscher aus der DDR in sich zusammen. Plötzlich stand die Lösung der deutschen Frage auf der Tagesordnung.

Wie Schneewittchen vom schönen Königssohn, so wurde das schlummernde Deutschland von der Geschichte noch einmal wachgeküßt. Zuletzt hätte die CDU sogar fast das Wiedervereinigungsgebot aus ihrem Grundsatzprogramm gekippt, so sehr war es gelungen, die Vorstellung einer geeinten Nation als „ewiggestrig“ und „überholt“ zu marginalisieren. Der Ruf „Wir sind ein Volk“ galt nicht nur den SED-Machthabern im Osten, sondern ließ auch die in arroganter Selbstgewißheit verharrenden westdeutschen Eliten in Politik und Medien erzittern.

Nun ist das Echo dieser nationalen Erhebung lange verhallt, eher gleich einer Unterströmung wirkt das einmal neugewonnene Selbstbewußtsein in Bereichen fort, die nicht immer an die Oberfläche dringen. Für die Deutschen ist es immer noch ungewohnt, Akteur und nicht Objekt der Geschichte zu sein.

Euro-Politik erinnert an die letzten Züge der DDR

Die aktuelle Euro-Krise zeigt dies und läßt Deutschland in janusköpfiger Weise hervortreten: Einerseits stellte die Aufgabe der D-Mark wenige Jahre nach der Wiedervereinigung die Opferung des Symbols wirtschaftlicher Potenz und eines Kernstücks nationaler Souveränität dar. Das offensichtliche Interesse der „Partner“ wurde erfüllt, das wiedervereinigte Deutschland zu „bändigen“ und dauerhaft finanziell zur Ader zu lassen.

Andererseits weist die Euro-Krise Deutschland und seiner Regierung – ob sie will oder nicht – als wirtschaftlich mächtigstem und bevölkerungsreichstem Land der Europäischen Union eine Führungsrolle zu, die eine ansonsten elitenfeindliche politische Klasse dazu verdammt, daran zu wachsen oder unterzugehen. Letzteres insbesondere dann, wenn sich der fehlende Mut zur Durchsetzung nationaler Interessen nicht mehr mit dem Scheckbuch oder mit der weiteren Aufblähung von Rettungsschirmen kompensieren läßt. Dazu ist inzwischen zuviel Geld im Spiel.

Jene Politiker, die die Rettung des Euros zur Frage von Krieg und Frieden hochstilisieren, ähneln verdächtig Politikern in Ost und West, die 1989 davor warnten, der Einsturz der Mauer und eine denkbare deutsche Wiedervereinigung Deutschlands könnten „den Frieden gefährden“. Wir erinnern uns auch, daß Honecker meinte, die Mauer würde noch „in hundert Jahren stehen“.

Wir leben in bewegten Zeiten. Und Deutschland steht im Zentrum umwälzender Entwicklungen in Europa. Ohne Selbstbewußtsein werden wir die Herausforderungen nicht bestehen.

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