Karlheinz Weißmann unterschätzt, daß der moderne deutsche Pazifismus, genauer jener seit dem 2. Weltkrieg, im wesentlichen ein inzwischen über Generationen weitergebener Angstpazifismus ist. Der ihn oft begleitende Hypermoralismus ist eher ein Legitimierungsversuch, oder um der eigenen Schwäche und mangelden Selbstwirksamkeit, sowohl als pazifistisches Individuum, als auch als praktisch demilitarisierter Nation, einen „Sinn zu geben“, also am Ende der Versuch einer Art Erleichterung. Entstanden ist er im Bombenhagel der Alliierten und der oft völligen Zerstörung der eigenen Behausungen in der Kriegsphase ab 1943, gegen die sich die deutschen Zivilisten in völliger Hilflosigkeit empfanden – was auch ihr primärer Zweck war von Anfang war. Genau darum findet man diese auf Appeasement und Sich-Ergeben ausgerichtete extreme Furcht vor Krieg und Konflikt anderswo nicht, auch und gerade da nicht, wo Krieg – im Gegensatz zu Deutschland seit 1945 – tatsächlich stattfindet. Denn die Erkenntnis, daß Pazifismus kein Gegenmittel gegen Krieg ist, machen Deutsche seit 1945 nicht mehr und halten umso hartnäckiger daran fest. Die moralische Rendite des Gutmenschentums lockt natürlich immer.