Zum Verständnis des Begriffs „konservativ“ finde ich den Hinweis des Gießener Philosophen Odo Marquard hilfreich. Danach solle man sich den Begriff am besten von Chirurgen erklären lassen. Etwas „konservativ“ behandeln, bedeutet in der Medizin, dass man möglichst nichts wegschneidet und möglichst alle Organe oder Organteile erhält. Wenn man sich den Begriff so klar macht, ist „konservativ“ sein durchaus rational, wenn nicht sogar eine Tugend. Der Politikwissenschaftler Werner Patzelt unterscheidet „konservativ“ und „links“ so, dass linke aus Ideen lernen – bei denen freilich unklar bleibt, ob sie sich überhaupt bewähren -, während Konservative aus Erfahrung lernen. Wieder dasselbe: „Konservativ“ sein ist rational und verantwortungsvoll. Ich finde den Begriff gut. Man sollte ihn sich nicht von den Linken oder Progressiven verderben lassen, indem man bei „konservativ“ an behäbige Spießbürger denkt.