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Grundgesetz, Lebenserwartung, Privilegien: Kaisers royaler Wochenrückblick

Grundgesetz, Lebenserwartung, Privilegien: Kaisers royaler Wochenrückblick

Grundgesetz, Lebenserwartung, Privilegien: Kaisers royaler Wochenrückblick

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick.
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick.
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
Grundgesetz, Lebenserwartung, Privilegien
 

Kaisers royaler Wochenrückblick

Die Bundesregierung feiert den 75. Geburtstag des Grundgesetzes – als wäre nie etwas gewesen. Die Lebenserwartung in Deutschland ist schlecht im westeuropäischen Vergleich und Doofheit kann manchmal ein Privileg sein. Boris T. Kaiser blickt zurück.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Die Bundesrepublik feierte in dieser Woche den 75. Geburtstag ihres Grundgesetzes. Ein rundes Jubiläum, das uns einmal mehr gezeigt hat, daß Timing manchmal eben alles sein kann. Vor nur zwei Jahren wären die Party-Stimmung und die Verfassung der Feiernden wohl deutlich mieser gewesen. Dann wäre das „Fest der Demokratie“ genau in die Zeit der Corona-Repressionen gefallen, die uns allen deutlich gemacht hat, daß es sich bei dem, was wir jahrzehntelang für unsere „verfassungsmäßigen Grundrechte“ gehalten haben, in Wirklichkeit um nicht viel mehr handelt als um eine Sammlung unverbindlicher Empfehlungen für das, was die Mächtigen dem Volk erlauben – und was nicht.

So aber konnte nach Herzenslust gefeiert werden. Unter anderem in der und um die Villa Hammerschmidt in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn, wo der Bundespräsident große Reden schwingen konnte – umrahmt von einem bunten Bühnenprogramm mit Musikern wie der Gewinnerin der Fernseh-Castingshow „The-Voice of Germany“ aus dem Jahr 2022, Anny Ogrezeanu, oder der Kölner Mundart Surfpop-Band Planschemalöör und der Reggae- und Afrobeat-Künstlerin Treesha. Frank-Walter Steinmeier würdigte das Grundgesetz in seiner Ansprache als „großartiges Geschenk“ für Deutschland nach der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. „Ein Geschenk, das nicht nur in Erinnerung bleiben darf“, wie er sagte, „sondern das wir im Alltag der Republik pflegen, bewahren und verteidigen“ müßten.

Für so ein „Geschwurbel“ wäre der oberste Dönerbrater der Republik vor weniger als zwei Jahren auch noch mit dem Polizeistreifenwagen durch den Park der Villa Hammerschmidt gejagt worden. Aber diese Zeiten sind zum Glück (erst einmal!) vorbei. Deshalb durfte der alte „Querdenker“ und Verfassungspatriot fröhlich „weiterschwurbeln“ und von dem Grundgesetz als Meisterwerk schwärmen, das auch nach einem Dreivierteljahrhundert „überhaupt nicht alt, erst recht nicht veraltet“ sei.

Die Lebenserwartung ist schlecht – trotz Nanny-Staat

Aktuell sieht Steinmeier vor allem die Freiheit selbst bedroht. Hintergrund dieser Angst sind die jüngsten Gewalttaten gegen Politiker und ehrenamtlich politisch aktive. „Niemals dürfen wir uns an Gewalt im politischen Meinungskampf gewöhnen,“ so die beschwörenden Worte des überparteilichen Sozialdemokraten; die eigentlich nur bedeuten können, daß sich die am meisten gewalttätig angegriffene Partei in Deutschland, die AfD, in Zukunft voll und ganz auf den persönlichen Schutz des Bundespräsidenten verlassen kann.

Mit der allgemeinen Lebenserwartung in Deutschland sieht es übrigens, wie wir seit dieser Woche wissen, nicht so gut aus. Laut aktuellen Erhebungen des Max-Planck-Instituts ist Deutschland hier derzeit sogar das Schlußlicht unter den westeuropäischen Ländern. Heißt: Ausgerechnet im wohl führenden Nanny-Staat der westlichen Welt, in dem die politische Klasse eigentlich alles daransetzt, daß die Menschen gesundheitsbewußt essen, trinken, heizen und handeln, leben die Menschen im Schnitt kürzer als im Rest von Westeuropa. Aber wahrscheinlich läßt Vater Staat uns alle einfach immer noch zu oft aus den Augen und auf uns allein gestellt.

Doofheit als Privileg

Vergangene Woche haben wir an dieser Stelle darüber gerätselt, ob die deutsche Justiz einen männlichen Politiker grundsätzlich für intelligenter und gebildeter hält als eine weibliche Influencerin. Die Frage ist inzwischen beantwortet. Die Staatsanwaltschaft München hat in dieser Woche mitgeteilt, daß sie keine Anklage gegen die Ex-Spielerfrau Cathy Hummels erheben wird. Diese hatte auf ihrem Instagram-Account in einer Werbekampagne zur Fußball-Europameisterschaft den Slogan „Alles für Deutschland“ verwendet. Obgleich der AfD-Politiker Björn Höcke wegen derselben Aussage kurz davor medienwirksam zu einer hohen Geldstrafe verteilt worden war, sah die Staatsanwaltschaft im Fall von der TV-Moderatorin keinen hinreichenden Tatverdacht für ein Ermittlungsverfahren.

Im Gegensatz zu Höcke kauft die Justiz Hummels also ab, daß sie nicht wußte, daß es sich bei dem Ausspruch um eine verbotene SA-Parole handelt. Ihre Verwendung des Spruchs wird wohl auch nicht wochenlang durch sämtliche Medien gehen. Doofheit kann eben manchmal auch ein Privileg sein.

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
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