Wieder einmal der letzte Platz. Einmal mehr blamiert sich Deutschland mit seinem Wettbewerbsbeitrag beim Eurovision Song Contest (ESC) vor der internationalen Öffentlichkeit bis auf die Musikantenknochen. Die Klatsche für die musikalischen Botschafter der Bundesrepublik beim größten Musik-Contest der Welt ist inzwischen schon zu einer tragisch-komischen Tradition geworden.
Dabei gibt unsere bunte Republik seit Jahren wirklich alles, um zu gefallen. Höchstwahrscheinlich ist genau das auch das Problem. Statt zumindest den Versuch zu unternehmen, so etwas wie einen neuen popkulturellen Trend zu setzen, hinken die Verantwortlichen vom NDR, dem Sender, der hierzulande nicht nur für die TV-Übertragung des Events zuständig ist, sondern auch für die Auswahl der Künstler, Jahr für Jahr dem hinterher, was sie für den Trend halten. Meistens kommt dabei eine Mischung aus eiskalter Übertreibung und lauwarmem Aufguß dessen heraus, was dort in den vergangen Jahren irgendwann schon mal erfolgreich war.
So versuchte man es in diesem Jahr mit einer Mischung aus dem glam-rockigen Stil der Band Måneskin, die 2021 den Sieg für Italien holte, dem 2006 siegreichen finnischen Horror-Heavy Metal von Lordi und natürlich den Transgewinnern Dana International (1998) und Conchita Wurst (2014). Ganz nach dem Motto: „Alles schon mal da gewesen, nur noch nicht von uns“.
Peinlich selbst für die „Schwulen-Olympiade“ ESC
Wobei es unfair wäre, zu behaupten, daß der NDR mit der Band Lord of the Lost nur eine billige Kopie all dieser Vorbilder auf die ESC-Bühne in Liverpool gebracht hätte. Als Deutsche haben wir schließlich die historische und moralische Verpflichtung, in Sachen Progressivität immer wieder neue Maßstäbe zu setzen; und der Welt zu zeigen, wie Offenheit und Toleranz richtig geht. So sollte es bei der Performance des Songs „Blood & Glitter“ dann auch mehr Sex, mehr Gay Pride und mehr „Schockeffekte“ geben, als jemals zuvor.
Sehe ich das richtig, dass Deutschland, als einziges Land beim #esc (aber eigentlich als einziges Land auf der Welt), nicht im Stande ist, bei einem Wettbewerb zwischen Ländern die eigene Nationalfahne zu zeigen? Dass man stattdessen ’ne Trans-Regenbogen-Flagge wählt? Dass man am… pic.twitter.com/ij3OVEWqf2
— Jan A. Karon (@jannibal_) May 14, 2023
Das allerdings war gar nicht so einfach bei einer Veranstaltung, die in der LGBTQ-Szene selbst schon scherzhaft als „Schwulen-Olympiade“ bezeichnet wurde, als man beim NDR noch der schönen Zeit nachweinte, in der Nicole mit „Ein bißchen Frieden“ die Herzen Europas für das neue, geläuterte Deutschland erwärmt hat. Das Ergebnis war dementsprechend peinlich: eine hyperschrille Darbietung, die in ihrer Anbiederung an den woken Zeitgeist so verzweifelt rüberkam, daß sich selbst die eingefleischtesten Fans der „Schwulen-Olympiade“ nur peinlich berührt beiseite drehen konnten.
Auch das Schwingen der Regenbogenflagge wirkte in diesem Kontext eher wie ein trauriges Gebettel um ein paar Solidaritätspunkte, als wie das mutige Statement, als das die Band und ihre Förderer vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk es wohl gerne wahrgenommen gesehen hätten. Wundern muß einen der letzte Platz da nicht. Schleimer kamen schließlich schon damals in der Schule nicht gut an. Wer so unbedingt gefallen will, der wird eben als das wahrgenommen, was er ist: ein angepaßter Clown ohne eigene Persönlichkeit.