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Türkei und Griechenland: Droht ein Inferno am Bosporus?

Türkei und Griechenland: Droht ein Inferno am Bosporus?

Türkei und Griechenland: Droht ein Inferno am Bosporus?

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan: Er scheint es darauf anzulegen, aus dem „kalten Krieg“ mit Griechenland einen echten zu machen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan: Er scheint es darauf anzulegen, aus dem „kalten Krieg“ mit Griechenland einen echten zu machen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan: Er scheint es darauf anzulegen, aus dem „kalten Krieg“ mit Griechenland einen echten zu machen Foto: picture alliance / Ali Balikci / AA
Türkei und Griechenland
 

Droht ein Inferno am Bosporus?

Zwischen den Nato-Bündnispartnern Türkei und Griechenland herrscht ein „kalter Krieg“. Erdoğan testet aktuell einmal mehr die Grenzen seines Machtbereichs aus, doch der Westen hat sich von dem Despoten abhängig gemacht. Ein Kommentar von Laila Mirzo.
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Der Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland um Inseln und Gewässerhoheit in der Ägäis und im südöstlichen Mittelmeer facht in regelmäßigen Abständen auf. Dabei provoziert der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan leidenschaftlich gern. Groß angelegte und medienwirksame Militärmanöver sollen die fiktive Eroberung griechischer Inseln simulieren und die Schlagkraft seines Landes demonstrieren. Mit Überflügen von Kampfjets über griechisches Territorium und bewohnte Gebiete macht Ankara klare Ansagen in Richtung Athen.

In Zukunft könnte es nicht nur zu simulierten Manövern kommen. Erdoğan scheint es darauf anzulegen, aus dem „kalten Krieg“ einen echten zu machen. Der Streit zwischen den beiden Ländern währt bereits über 100 Jahre und geht auf den griechisch-türkischen Krieg (1919-1922) zurück. 1923 wurden im Vertrag von Lausanne die heute geltenden Grenzen geregelt und besagte Inseln völkerrechtlich Griechenland zugesprochen.

Militärisches Kräftemessen

Seit dem Bekanntwerden der Rohstoffvorkommen in der Region, ist es nicht länger nur ein Streit um Land und Wasser. Heute geht es auch entschieden um die Förderrechte für Öl und Gas, was mehr als je zuvor Macht und globalen Einfluß bedeutet.

Erdoğan und andere türkische Nationalisten liebäugeln mit der Verschiebung von Seegrenzen und der Einverleibung griechischer Inseln wie Rhodos, Lesbos, Samos, Kos und sogar Kreta. Die Propaganda-Maschinerie ist in vollem Gange: Der Vorsitzende der nationalistischen Partei MHP, Devlet Bahçeli, die Koalitionspartner der Regierungspartei AKP ist, hatte sich mit einer Landkarte präsentiert, auf der sämtliche Inseln der östlichen Ägäis als türkisches Gebiet eingezeichnet waren.

Athen reagierte auf die türkischen Aggressionen mit der Stationierung von Soldaten auf den von Ankara begehrten Inseln. Diesen Schritt sah Griechenland als adäquate Antwort auf die Militärkasernen, Flugzeuge und Schiffe auf türkischer Seite. Doch Erdoğan fühlt sich durch die Militärpräsenz noch stärker provoziert und wirft der Gegenseite vor, die Verträge von Paris und Lausanne zu verletzen, da diese eine Entmilitarisierung der Inseln vorschreiben.

Hinter der Kulisse der Kriegsmanöver hat die Türkei erneut mit Rohstoff-Erkundungsbohrungen im südöstlichen Mittelmeer begonnen. Ankara hat das Gas-Bohrschiff „Abdülhamid Han“, das nach einem osmanischen Sultan benannt worden ist, ins östliche Mittelmeer entsendet. Dieses werde so lange „weitersuchen, bis es etwas findet“, verkündete der türkische Präsident. Man werde sich holen, „was uns gehört“. Die Mission soll laut dem Navigationssicherheitswarnungsdienst Navtex bis zum 7. Oktober dauern.

Es bleibt zu hoffen, daß es in dieser Zeit zu keinem militärischen Zwischenfall kommt, denn der Einsatzbereich des Schiffes liegt im Gebiet zwischen der Türkei, Kreta und Zypern. Erdoğans Bohrschiff navigiert somit auch in einem Seegebiet, das Griechenland als eigene sogenannte Ausschließliche Wirtschaftszone versteht.

Türkei spielt mit dem Feuer

Griechenland und die Türkei sind beide Mitglieder Nato. Käme es zu einer echten militärischen Auseinandersetzung, würde dies das transatlantische Bündnis sprengen und die ohnehin destabilisierte Region ins Chaos stürzen.

Schon im Jahr 2020 standen Ankara und Athen vor einer Eskalation. Damals unternahm das türkische Bohrschiff „Oruc Reis“ südlich der Insel Rhodos Erdgaserkundungsfahrten und wurde zum Teil von eigenen Kriegsschiffen eskortiert.  Griechenland mobilisierte daraufhin seine Marine. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg appellierte an beide Seiten eindringlich um Besonnenheit, nachdem ein türkisches Schiff ein griechisches gerammt hatte.

Die derzeitige Provokation seitens der Türkei ist ein Spiel mit dem Feuer, das ein Inferno am Bosporus auslösen könnte. Erdoğan testet die Grenzen seines Machtbereichs aus und weiß, daß er sich mehr nehmen kann, als ihm zusteht. Wieder einmal hat sich der Westen von dem unberechenbaren Despoten abhängig gemacht. Die EU, ist in der Migrationsfrage auf Erdoğans Wohlwollen angewiesen und für die Nato spielt die Türkei im Ukraine-Krieg eine Schlüsselrolle. Entscheidet sich Ankara für die neue Machtachse Rußland-Iran-China, dann hat der Westen eindeutig das Nachsehen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan: Er scheint es darauf anzulegen, aus dem „kalten Krieg“ mit Griechenland einen echten zu machen Foto: picture alliance / Ali Balikci / AA
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